Ein US-Geheimdienst hat einem Medienbericht zufolge einen entscheidenden Hinweis auf den Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr geliefert. Dieser habe Telefonate des 22-jährigen Syrers mit einem Kontaktmann der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien abgehört.
Darauf wurden die deutschen Behörden informiert, wie die Zeitung «Welt am Sonntag» berichtete. In einem der abgefangenen Gespräche ging es demnach um die Herstellung von Sprengstoff und mögliche Anschlagsziele. Ein «grosser Flughafen in Berlin» sei «besser als Züge», habe al-Bakr dabei gesagt, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Ermittlerkreise.
Al-Bakr hatte sich am Mittwoch in seiner Gefängniszelle in Leipzig erhängt. Er war nach einer landesweiten Fahndung in der Nacht zum Montag wegen mutmasslicher Anschlagspläne festgenommen worden. In einer von ihm genutzten Wohnung in Chemnitz hatten Ermittler zuvor bei einer Durchsuchung eineinhalb Kilogramm hochexplosiven Sprengstoffs gefunden.
Al-Bakr soll einen der beiden Berliner Flughäfen als mögliches Ziel ausgespäht haben. Er sei in der zweiten Septemberhälfte in Berlin gewesen, berichteten «Berliner Morgenpost» und der «rbb» unter Berufung auf Kreise der Sicherheitsbehörden. Er habe eine Nacht in der Hauptstadt verbracht und dort auch eine Kontaktperson getroffen. Zu diesem Zeitpunkt hätten ihn die Sicherheitsbehörden allerdings noch nicht im Visier gehabt. Die Verbindung nach Berlin sei erst im Zuge der Ermittlungen entdeckt worden.
Vorwurf des Bruders
Der Bruder des Terrorverdächtigen, Alaa al-Bakr, bezweifelte die offizielle Darstellung vom Tod Jaber al-Bakrs. «Selbst wenn er IS-Mitglied war: Die begehen keinen Selbstmord», sagte er der Zeitung «Welt». Das sei im Islam verboten. «Ich bin mir wirklich sicher, dass die Polizei ihn umgebracht hat. Ich beschuldige hiermit die deutsche Polizei, am Tod meines Bruders schuld zu sein.»
Al-Bakr war von drei Landsleuten in einer Leipziger Wohnung überwältigt worden, in der er sich aufhielt. Sie fesselten ihn und riefen die Polizei. Im «Spiegel» bestritten die Männer, Komplizen des mutmasslichen Terroristen zu sein. Das hatte dieser laut Berichten vor seinem Suizid in Vernehmungen behauptet. «Wir hatten nie im Leben etwas mit ihm zu tun», sagte einer von ihnen dem Magazin.
Vielmehr hätten auch sie sich von al-Bakr bedroht gefühlt. «Er wollte auch uns töten», sagte der Mann. Der 22-Jährige sei «wahnsinnig» gewesen. Aus Angst vor Racheakten von IS-Anhängern hält sich das Trio demnach derzeit bei Freunden in einer anderen deutschen Stadt versteckt. Nach Leipzig wollen sie aus Sicherheitsgründen auf keinen Fall zurück.
In Deutschland radikalisiert?
Nach dem Suizid al-Bakrs im Leipziger Gefängnis geraten Politik und Behörden in Sachsen immer stärker unter Druck. Ministerpräsident Stanislaw Tillich räumte Fehler ein, lehnte personelle Konsequenzen aber ab. Einem Bericht des «Spiegel» zufolge hat er sich erst in Deutschland radikalisiert. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft wollte sich unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht dazu äussern.