Beim Familiennachzug komme es wegen strenger Gesetze immer wieder zu schwierigen und ausweglosen Situationen, findet die Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht. Die Rechte der Betroffenen stünden dabei dem öffentlichen Interesse an einer restriktiven Einwanderungspolitik gegenüber.
Politik und Behörden täten sich in einem zunehmend aggressiven Klima schwer, in dieser Güterabwägung ein Gleichgewicht zu finden. Zu diesem Befund kommt die Beobachtungsstelle in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht mit dem Titel „Familiennachzug und das Recht auf Familienleben“.
Darin zeigt sie anhand von elf Einzelfällen auf, mit welchen Schwierigkeiten Migranten und Schweizer konfrontiert sind, wenn sie ihre ausländischen Familienangehörigen in die Schweiz nachziehen möchten.
Unter Missbrauchsverdacht
Bedingt durch das „restriktive Regime der Arbeitsimmigration gegenüber Drittstaatsangehörigen“ stünden Eheschliessung und Familiennachzug gleichsam strukturell unter Missbrauchsverdacht. Als stossend und wenig familienfreundlich erwiesen sich viele gesetzliche Hürden und Beschränkungen gegenüber Personen aus Drittstaaten.
Wie verschiedene Fälle im Bericht zeigen, sind für Migrantinnen und Migranten, die sich erst kurze Zeit in der Schweiz aufhalten, die materiellen Voraussetzungen (etwa „bedarfsgerechte“ Wohnung und finanzielle Eigenständigkeit) unter Einhaltung der knappen Nachzugsfristen nur sehr schwierig zu erfüllen.
Nachzugsgesuche, die ausserhalb der gesetzlichen Frist aufgrund wichtiger familiärer Gründe eingereicht werden, hiessen die Behörden nur selten gut, heisst es im Bericht.
So werde ein Nachzug auch schon mal aus Gründen des vermeintlichen Kindesinteresses verweigert, obschon dadurch das betroffene Kind vom leiblichen Elternteil getrennt bleibe. Auffallend sei auch, dass Kinder sehr selten persönlich zu solchen weitreichenden Entscheiden angehört würden.
Zusätzlich komme den kantonalen Migrationsämtern ein beträchtlicher Ermessensspielraum zu, der dazu führe, dass je nach Kanton sehr unterschiedliche Anforderungen an einen Familiennachzug gestellt würden.
Schweizer massiv diskriminiert
Besonders frappant sei die Tatsache, dass Schweizerinnen und Schweizer beim Nachzug ihrer Familienmitglieder massiv schlechter gestellt seien als Angehörige von EU-/EFTA-Staaten, die sich auf das Freizügigkeitsabkommen stützen können.
Diese Inländerdiskriminierung lasse sich nicht rechtfertigen. Sie sei auch wiederholt vom Bundesgericht gerügt worden.