Die Massnahmen der OECD zur Bekämpfung der Steuerflucht von Unternehmen nehmen Form an: Multinationale Unternehmen sollen künftig verpflichtet werden, die Steuerbehörden detailliert über Aktivitäten, Gewinne und Steuern in jedem einzelnen Land zu informieren.
Die Massnahmen im Rahmen des Aktionsplans zur Bekämpfung der Steuerflucht (BEPS) stehen ab Montag auf der Tagesordnung des G-20-Finanzministertreffens in Istanbul. Am Freitag hat die OECD Dokumente dazu publiziert. Darunter sind Richtlinien über die länderbezogene Berichterstattung, zu welcher multinationale Unternehmen künftig verpflichtet werden sollen.
Die Schweiz, die sich am BEPS-Projekt beteiligt, sei bestrebt, die Empfehlungen der OECD zu befolgen, schreibt das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) in einer Mitteilung vom Freitag. Sie werde eine Rechtsgrundlage schaffen, welche die betroffenen Unternehmen verpflichte, die erforderlichen Unterlagen zu erstellen und den Steuerbehörden einzureichen.
Information zu jedem Land
Betroffen wären international tätige Unternehmen, deren konsolidiertes jährliches Gruppeneinkommen 750 Millionen Euro übersteigt. Sie wären verpflichtet, Transparenz über Gewinne, Steuern und Aktivitäten für jedes Land zu schaffen, in dem die Unternehmensgruppe vertreten ist.
Der Bericht müsste von der Muttergesellschaft erstellt und den Steuerbehörden jenes Staates eingereicht werden, in dem die Gesellschaft ansässig ist. Diese würde die Informationen dann mit den Steuerbehörden jener Länder austauschen, in welchen sich die Gesellschaften der Gruppe befinden. Die OECD möchte die Regelung 2016 einführen, der erste Austausch soll 2017 stattfinden. Die Behörden sollen verpflichtet werden, die Vertraulichkeit der Angaben zu wahren.
Die G-20-Staaten hatten sich im November im australischen Brisbane grundsätzlich hinter die OECD-Pläne gegen Steuerflucht gesellt. Das Ziel ist, dass Firmen ihre Gewinne dort versteuern, wo diese erzielt wurden. Heute verschieben viele Konzerne Gewinne innerhalb des eigenen Unternehmens, um diese am Standort mit dem niedrigsten Steuersatz zu versteuern.
Kompromiss bei Lizenzboxen
Publiziert hat die OECD auch einen Kompromissvorschlag für die Ausgestaltung von Lizenzboxen. Mit solchen Boxen, die auch die Schweiz einführen will, soll die Innovation gefördert werden. Die Boxen ermöglichen eine tiefere Besteuerung von Erträgen aus geistigem Eigentum wie Patenten.
Gemäss dem Kompromissvorschlag soll Einkommen aus Patenten und gleichwertigen Immaterialgütern in dem Masse steuerlich begünstigt werden, als ein Unternehmen am Ort der Besteuerung auch tatsächlich Forschungs- und Entwicklungstätigkeit nachweisen kann. Der Grundsatz würde aber nicht absolut gelten: Finden die Tätigkeiten im Ausland statt, sollen Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten zu 30 Prozent steuerlich begünstigt werden.
In der Schweiz ist die Einführung der Lizenzboxen im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III geplant – als Ersatz für Steuerprivilegien, die international nicht mehr akzeptiert werden. Der Bundesrat wird in seiner Botschaft ans Parlament die Ergebnisse des BEPS-Prozesses berücksichtigen, wie SIF-Sprecher Mario Tuor sagte.
Ein weiteres Dokument betrifft Doppelbesteuerungsabkommen. Mit einem multilateralen Instrument will die OECD erreichen, dass in diesen Abkommen auch Fragen der Unternehmensbesteuerung geregelt werden können.