Deutschland weist die Milliarden-Forderungen Griechenlands aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs weiterhin strikt zurück. Die Bundesregierung hält die Frage von Reparationen und Entschädigungszahlungen für rechtlich und politisch «umfassend sowie abschliessend» geklärt.
Die jüngste Drohung von Justizminister Nikos Paraskevopoulos mit der Beschlagnahme deutschen Eigentums wollte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin nicht kommentieren.
Der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Jäger, ergänzte: «Wir werden in dieser Frage keine Gespräche und Verhandlungen mit der griechischen Seite führen.» Es sollte gemeinsam nach vorne geschaut werden. Eine Emotionalisierung und rückwärtsgewandte Vorwürfe würden bei der Bewältigung der aktuellen Probleme nicht weiterhelfen.
Justizminister Paraskevopoulos hatte sich zuvor bereit erklärt, die Pfändung deutscher Immobilien in Griechenland zu erlauben, sollte es zu keiner Einigung mit Berlin über die Reparationsforderungen kommen. Die endgültige Entscheidung werde jedoch die Regierung von Premier Alexis Tsipras treffen, hiess es.
Die EU-Kommission bleibt nach Angaben einer Sprecherin bei ihrer Linie, dass dies eine Angelegenheit zwischen Griechenland und Deutschland ist. «Das ist ein bilaterales Thema», hiess es in Brüssel.
Entschädigung für Distomo-Massaker
Der höchste Griechische Gerichtshof (Areopag) hatte im Jahre 2000 geurteilt, Griechenland dürfe deutsches Eigentum für Entschädigungen der Hinterbliebenen des Massakers von Distomo pfänden. In dem mittelgriechischen Ort hatte die deutsche Wehrmacht im Jahre 1944 ein Massaker mit 218 Opfern verübt. Vor dem Urteil hatte ein Landgericht in der Provinzstadt Livadeia den Hinterbliebenen der Opfer 28 Millionen Euro Entschädigung zugesprochen.
Eine Pfändung des traditionsreichen Goethe Instituts wurde damals vom Justizminister gestoppt. Er berief sich auf einen Artikel des griechischen Strafrechts, wonach der Justizminister die Umsetzung von Gerichtsentscheidungen aufhalten kann, die die Beziehungen zu anderen Staaten gefährden könnten.
Jahrzehntelanger Streit
Das Thema Reparationen belastet die deutsch-griechischen Beziehungen seit Jahrzehnten. Am Dienstag hatte das griechische Parlament beschlossen, erneut Reparationsforderungen aus dem Zweiten Weltkrieg an Berlin zu prüfen. Dazu wurde ein Ausschuss aller Parteien einberufen. Die Debatte wurde vom Parlamentsfernsehen übertragen.
«Damit ehren wir alle Opfer des Zweiten Weltkrieges und des Nazismus (…) sowie des griechischen Widerstandes», sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras. «Wir vergessen nicht, dass das deutsche Volk auch unter den Nazis gelitten hat», fügte der griechische Premier hinzu.
Hilfe mit Schuldenschnitt
Tsipras erinnerte daran, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg «zurecht» mit einem Schuldenschnitt geholfen worden sei, wieder auf eigenen Beinen stehen zu können. Seitdem sperrten sich die deutschen Regierungen aber mit «juristischen Tricks», um nicht mit Athen über Reparationen zu reden, sagte er.
Der Oberste Griechische Gerichtshof prüft zurzeit, wie mögliche Reparationsforderungen an Deutschland erhoben werden können. Er stützt sich dabei auf eine erste griechische Studie, die seit Anfang März 2013 vorliegt und als streng geheim eingestuft wird.
Die Athener Zeitung «To Vima» hat die Studie jedoch am vergangenen Sonntag veröffentlicht. Die Gesamtansprüche werden darin auf 269 bis 332 Milliarden Euro taxiert.