Berlusconi in Abhör-Prozess zu einem Jahr Haft verurteilt

Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist im sogenannten Unipol-Prozess zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Sein Bruder Paolo Berlusconi erhielt eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und drei Monaten.

Das Lachen dürfte ihm nach dem Gerichtsurteil wohl vergangen sein: Berlusconi muss ein Jahr ins Gefängnis (Archiv) (Bild: sda)

Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist im sogenannten Unipol-Prozess zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Sein Bruder Paolo Berlusconi erhielt eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und drei Monaten.

Ein Mailänder Gericht sprach das Urteil am Donnerstag in erster Instanz. Der 76-Jährige kann dagegen Berufung einlegen, was aufschiebende Wirkung beim Vollzug der Strafe hätte.

Bei Verurteilungen zu weniger als einem Jahr Haft und wenn der Verurteilte – wie Berlusconi – älter als 75 Jahre ist, wird die Strafe in der Regel als Hausarrest oder durch gemeinnützige Arbeit vollzogen. Das Berlusconi-Lager protestierte am Donnerstag gegen das „Schandurteil“. Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PdL) kündigte für den 23. März eine Grossdemonstration an.

Das Urteil steht in Zusammenhang mit einem Finanzskandal aus dem Jahr 2005. Damals waren Unregelmässigkeiten beim Streit um die Übernahme der Bank Antonveneta aufgetreten, bei dem italienische Interessenten der niederländischen Bank ABN Amro und der spanischen Finanzgruppe BBVA gegenüberstanden.

Im Zuge der Ermittlungen war ein Telefongespräch zwischen dem Chef des mitbietenden italienischen Versicherungskonzerns Unipol, der der politischen Linken in Italien nahesteht, und dem Linkspolitiker und Ex-Aussenminister Piero Fassino abgehört worden.

Die geheimen Aufzeichnungen wurden dann in der Zeitung „Il Giornale“ veröffentlicht, die politisch hinter Berlusconi steht. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Silvio Berlusconi seinem Bruder Paolo das abgehörte Telefongespräch zur Veröffentlichung zugeschanzt habe, um die beiden als Berlusconi-Gegner bekannten Gesprächspartner vor der Parlamentswahl im April 2006 in Schwierigkeiten zu bringen.

Urteil in „Ruby“-Prozess bald erwartet

Für Berlusconi ist es die zweite Verurteilung in erster Instanz innerhalb weniger Monate. Im vergangenen Oktober war er im sogenannten Mediaset-Prozess zu vier Jahren Haft wegen Steuerbetrugs verurteilte worden.

Doch ob das Urteil im Berufungsverfahren je rechtskräftig wird, ist fraglich. Die Mediaset-Straftaten verjähren Mitte 2014. In zweiter Instanz soll noch im März ein Urteil gesprochen werden.

Zu den noch laufenden Verfahren gegen den Mailänder Medienzar und Milliardär gehört vor allem noch das spektakuläre „Ruby“-Verfahren. In diesem geht es um Sex mit einer minderjährigen Prostituierten sowie um Amtsmissbrauch. In dem Prozess wird das erstinstanzliche Urteil noch in diesem Monat erwartet.

Freispruch in Mediatrade-Affäre bestätigt

In einem weiteren Prozess wurde der umstrittene und streitbare Ex-Premier hingegen endgültig freigesprochen. Das Kassationsgericht in Rom, die dritte und letzte Instanz im italienischen Strafsystem, bestätigte am Mittwochabend den Freispruch Berlusconis vom Vorwurf der Steuervergehen im sogenannten Mediatrade-Verfahren.

Das Gericht lehnte einen Einspruch der Mailänder Staatsanwaltschaft gegen das im vergangenen Juni gefällte Verdikt ab. Bestätigt wurde auch der Freispruch von Berlusconis Sohn Piersilvio und anderer Angeklagter im Mediatrade-Prozess.

Bei den Ermittlungen ging es um Steuererklärungen aus den Jahren 2003 und 2004. In dieser Zeit hatte das Unternehmen RTI, eine hundertprozentige Tochter von Berlusconis Mediaset, seinen Sitz in Rom und musste daher dort seine Steuererklärungen einreichen.

Bereits im Februar 2012 endete ein Korruptionsprozess gegen Berlusconi mit Freispruch. Die ihm zur Last gelegten Vorwürfe in dem Verfahren um den britischen Anwalt David Mills seien verjährt, entschied das Gericht. Berlusconi soll dem britischen Anwalt in den Neunzigerjahren für Falschaussagen 600’000 Dollar Bestechungsgeld gezahlt haben.

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