Der Prozess gegen Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi wird trotz des laufenden Wahlkampfes fortgesetzt. Das Gericht in Mailand lehnte einen Antrag der Verteidigung ab, die weiteren Verhandlungen bis nach den Wahlen im Februar zu vertagen.
Die Marokkanerin Karima al-Mahrough alias Ruby erschien erstmals vor Gericht. Silvio Berlusconis Verteidiger beantragten, den Prozess zu vertagen. Sein Anwalt Niccolo Ghedini sagte, damit solle jede «Instrumentalisierung» des Prozesses zu politischen Zwecken verhindert werden. Staatsanwältin Ilda Boccassini wies den Antrag jedoch als Versuch zur Verzögerung des Prozesses zurück.
Wahlen seien «keine rechtliche Frage», mit denen sich das Gericht befasse, sagte sie. Weder sei Berlusconi der Generalsekretär seiner Partei, noch wolle er zum Regierungschef gewählt werden, argumentierte Boccassini, die für ihre Hartnäckigkeit bekannt ist. Die Richter lehnten den Antrag nach Beratungen ab.
Angeklagt wegen Sex mit einer Minderjährigen
Die Anklage wirft Berlusconi vor, mit der Tänzerin Ruby Sex gehabt zu haben, als diese noch minderjährig war. Der 76-Jährige soll zudem seine Macht missbraucht haben, um im Jahr 2010 Rubys Freilassung nach ihrer Festnahme durch die Polizei zu erreichen. Berlusconi war damals Ministerpräsident. Sowohl er als auch Ruby weisen die Vorwürfe zurück.
Die heute 19-Jährige erschien am Montag erstmals vor Gericht. Sie wurde vor dem Gebäude von zahlreichen Kameraleuten und Fotografen empfangen. Allerdings wird die junge Frau sich nicht zur Sache äussern. Berlusconis Verteidiger strichen sie von ihrer Zeugenliste.
Die Richter erklärten, Rubys schriftliche Aussagen zu dem Fall würden berücksichtigt. Ihre Anwältin Paola Boccardi sagte, ihre Mandantin sei sehr überrascht, dass sie nicht vom Gericht angehört werde.
Urteil für Februar erwartet
Das Urteil in dem Prozess wird für Februar erwartet. Am 24. und 25 Februar stehen die Parlamentswahlen an, in die Berlusconi an der Spitze eines Bündnisses von Mitte-rechts-Parteien zieht. Eine Verurteilung könnte Beobachtern zufolge das Ende seiner politischen Karriere bedeuten.
Eine Gefängnisstrafe muss Berlusconi aber wohl nicht fürchten. Zwar stehen auf die ihm vorgeworfenen Vergehen mehrjährige Haftstrafen, doch das italienische Recht sieht einen recht milden Umgang mit Angeklagten über 70 Jahren vor.
Nach Darstellung der Verteidigung dachte Berlusconi, Ruby sei die Nichte des damaligen ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak. Er habe diplomatische Verwicklungen vermeiden wollen und deshalb bei der Polizei interveniert.
Berlusconi streitet zudem ab, mit Ruby Sex gehabt zu haben. Er habe ihr Geld gegeben mit dem Ziel, dass sie einen Schönheitssalon eröffnen kann und sich nicht prostituieren muss. Ausserdem sei er überzeugt gewesen, dass Ruby bereits 24 Jahre alt war. Auch die Marokkanerin selbst streitet ab, mit Berlusconi Sex gehabt zu haben.