Werden die Berner Schwinger am Eidgenössischen in Estavayer so dominant auftreten wie an den letzten Grossanlässen? Nimmt man den Schwarzsee-Schwinget vom Sonntag zum Massstab, ist die Antwort ein Ja.
Schwingen ist, wenn zwei Berner den Schlussgang bestreiten und Sempach gewinnt. Die Definition mag etwas überspitzt sein, aber sie trifft den Kern. Schwingerkönig Matthias Sempach ist sogar überzeugt, dass die Berner als Mannschaft am diesjährigen Eidgenössischen noch stärker sein werden als am Eidgenössischen Fest 2013 in Burgdorf und am Kilchberger Schwinget 2014. Sempach selbst siegte beide Male.
Am Schwarzsee-Schwinget im Freiburgischen, am zweiten Bergkranzfest der Saison, war die Phalanx der Berner dermassen stark, dass das Einteilungskampfgericht nicht umhin konnte, schon am Vormittag reine Berner Paarungen auszugeben, um den einen oder anderen Berner etwas zurückzubinden. Zu dieser Notmassnahme, die den Wettkampf jeweils auch für die Fans der anderen Verbände interessanter machen soll, muss das Kampfgericht in der Regel nicht greifen. Bei Grossanlässen unter Berner Mitwirkung war es zuletzt aber sogar die Regel.
Dass die Schwinger des gastgebenden Südwestschweizer Verbandes die Berner am Schwarzsee nicht würden eindämmen können, war in Anbetracht der aktuellen Stärkeverhältnisse von Vornherein klar. Aber die in breiter Reihe angerückten Nordostschweizer, angeführt von Unspunnen-Gewinner Daniel Bösch und dem jungen zweifachen Saisonsieger Armon Orlik, hätten unbedingt besser Abschneiden müssen. Sie überliessen den Bernern jedoch 13 von 16 Kränzen und die ersten vier Plätze in der Schlussrangliste. Das ist eine schwache Ausbeute, selbst wenn man berücksichtigt, dass der starke Youngster Samuel Giger und Routinier Arnold Forrer wegen leichter Verletzungen fehlten.
Bezeichnend für die derzeitigen Leistungsunterschiede ist die Tatsache, dass der heuer im eigenen Verband dominierende Bündner Armon Orlik am Schwarzsee mit drei Siegen und drei Gestellten den Kranz verfehlte, obwohl er in den sechs Gängen nur einen Eidgenossen (Thomas Zaugg) zugeteilt bekommen hatte.
Am Schwarzsee trat die Berner Armada praktisch komplett an. Die längere Zeit verletzt gewesenen Christian Stucki, Matthias Sempach, Kilian Wenger, Matthias Siegenthaler und Matthias Glarner sind alle wieder da. Dies macht es für die Schwinger der vier anderen Verbände beinahe unmöglich, an ihnen vorbeizukommen. Sempach/Stucki/Wenger ist ein Dreizack, der so überragend stark ist, wie es vor einem Jahrzehnt das Nordostschweizer Trio Abderhalden/Forrer/Fausch war. Und hinter der ersten Garde der Berner Mannschaft bauen sich ausgezeichnete Schwinger auf wie Siegenthaler und Glarner, Bernhard Kämpf, Florian Gnägi, Thomas Zaugg und der hoffnungsvolle Remo Käser. Sie bilden bei den Bernern die zweite Reihe. In jedem anderen Verband wäre jeder Einzelne von ihnen erste Wahl.
So ist im Interesse aller nicht mit einem bestimmten Verband verbandelter Fans zu hoffen, dass die Geschehnisse am Schwarzsee nicht der Vorgeschmack darauf waren, was einen am Eidgenössischen Fest in Estavayer-le-Lac erwarten wird. Die im Sechseck angeordneten Zuschauertribünen der Arena werden den Verbänden «gehören». Es wird einen Nordostschweizer Sektor geben, einen Innerschweizer, einen Südwestschweizer, einen Nordwestschweizer und einen Berner Sektor. Es gehört zum besonderen Charme des riesigen Festes, dass der Jubel einmal hier und einmal dort aufbrandet. Damit es so bleibt, müssten die Berner vielleicht den einen oder anderen Bösen zuhause lassen.