Forscher der Uni Bern haben den Eigergletschers mithilfe einer neuen Technik durchleuchtet. Dadurch können sie genauer als bisher rekonstruieren, wie der Fels unter dem Gletscher aussieht, und Veränderungen durch den Klimawandel abschätzen.
Physiker und Geologen der Universität Bern haben unterhalb des Eigergletschers im Tunnel der Jungfrauenbahnen spezielle Detektoren angebracht, mit denen sie den Gletscher quasi «röntgen» konnten. Das schrieb die Hochschule am Montag in einer Mitteilung.
Es gelang den Forschern so, «unter den Gletscher zu schauen» und die Basis des Jungfraufirns bis in eine Tiefe von 80 Metern in drei Dimensionen abzubilden. Das erlaubt Rückschlüsse, wie steile Gletscher den Fels durch Erosion formen. Von den Ergebnissen berichteten die Forscher kürzlich im Fachblatt «Geophysical Research Letters».
Erosion «in flagranti»
Das «Röntgenbild» des Gletschers zeige beispielsweise, wie die markante Felskuppe der Sphinx auf dem Jungfraujoch, die den Blick auf die Gletscherwelt freigibt, steil unter das Eis abtaucht. Diese steile Felsflanke müsse durch seitliche Erosion entstanden sein, weil sich der Gletscher parallel zum Felsen bewegt, hiess es weiter.
«Damit konnte man zum ersten Mal bei einem aktiven Gletscher zeigen, wie Eis an seiner Seite den Fels abschmirgelt», sagte Studienleiter Fritz Schlunegger gemäss der Mitteilung.
Anhand der Daten konnten die Forscher ausserdem die Auswirkungen des Klimawandels auf den Gletscher abschätzen, wie es in einem Begleitartikel des Fachblatts zur Studie heisst.
Demnach werde die Häufigkeit von Steinlawinen zunehmen, wenn sich das Eis zurückzieht. Da es sich um eine touristisch rege besuchte Region handelt und Besucherzentren wie auch eine Forschungsstation auf den angrenzenden Felsen stehen, müssen solche Veränderungen genau beobachtet werden.
Genaueres Abbild dank neuer Technik
Die neue Technik beruht auf kosmischen Elementarteilchen, Myonen genannt. Diese durchdringen Eis und Fels und werden dabei abgebremst und umgelenkt. Die verwendeten Detektoren sind mit Silberbromidgel beschichtet, auf denen die Myonen mikroskopisch feine Spuren hinterlassen. Daraus konnten die Forscher ein hochauflösendes, dreidimensionales Bild von der Grenzfläche zwischen Eis und Fels erstellen.
Zwar wurden bereits verschiedene Methoden verwendet, um den Untergrund von Gletschern abzubilden, beispielsweise Bohrungen oder seismische Messungen. Allerdings waren diese Methoden nur bedingt akkurat, weshalb die Berner Forschenden nun die sogenannte Myonen-Tomografie einsetzten. Die Methode wurde bereits verwendet, um das Innere von Vulkanen und Höhlen sowie seismischen Störungszonen zu scannen, wie es im Begleitartikel des Fachblatts heisst.
Das Projekt unter Leitung des Geologen Schlunegger und des Teilchenphysikers Antonio Ereditato wurde vom Schweizerischen Nationalfonds, der Internationalen Stifung Hochalpine Forschungsstationen Jungfraujoch und Gornergrat sowie den Jungfraubahnen unterstützt.