Berner Forscher geben blinden Mäusen das Augenlicht zurück

Berner Forschenden ist es gelungen, erblindeten Mäusen das Augenlicht zurückzugeben. Dazu haben sie noch intakte Zellen der Netzhaut biotechnologisch so verändert, dass sie die abgestorbenen Lichtsensoren im Auge ersetzen konnten.

Aufnahme einer Labormaus ohne Sehprobleme (Symbolbild) (Bild: sda)

Berner Forschenden ist es gelungen, erblindeten Mäusen das Augenlicht zurückzugeben. Dazu haben sie noch intakte Zellen der Netzhaut biotechnologisch so verändert, dass sie die abgestorbenen Lichtsensoren im Auge ersetzen konnten.

Bei der vererbbaren und unheilbaren Augenkrankheit Retinitis pigmentosa sterben die Lichtrezeptoren der Netzhaut, die sogenannten Fotorezeptoren, ab. Nach und nach verlieren die Betroffenen ihr Augenlicht. Weltweit sind etwa zwei Millionen Menschen betroffen.

Doch nicht alle Zellen sterben: «Die darunter liegenden Nervenzellen, die normalerweise die visuelle Information erhalten und verarbeiten, sind noch voll funktionsfähig», erklärte Sonja Kleinlogel von der Universität Bern in einer Mitteilung der Hochschule. Diese verbleibenden Zellen könne man lichtempfindlich machen und sozusagen zu Ersatzfotorezeptoren umwandeln.

Dies haben die Forschenden bei Mäusen gemacht, die von Geburt an unter Retinitis pigmentosa leiden. Tatsächlich konnten die Tiere nach der Therapie wieder Tageslicht sehen, auf visuelle Reize reagieren und durch Licht ausgelöste Verhaltensmuster erlernen, wie die Forschenden nun in der Fachzeitschrift «PLoS Biology» berichten.

Neue Lichtantenne

Kleinlogel und ihre Kollegen haben die Nervenzellen, die ON-Bipolarzellen, die sonst Informationen von den Fotorezeptoren erhalten, molekular umgebaut. Dazu haben sie ihnen den netzhauteigenen Lichtschalter Melanopsin, der für unseren Tag-Nacht-Rhythmus verantwortlich ist, eingepflanzt. Die Zellen reagieren nun nicht mehr auf chemische, sondern auf Lichtreize.

«Wir haben eine neue ‚Lichtantenne‘ in die Zelle integriert», sagte Kleinlogel. Dass es sich dabei um ein Molekül handelt, das im Auge natürlicherweise vorkommt, hat laut der Forscherin zwei Vorteile: Der normale Signalweg in den Bipolarzellen bleibt erhalten und die Zelle sieht den neu zusammengesetzten Rezeptor nicht als Fremdkörper an. «Das macht eine Immunabwehr des Patienten äusserst unwahrscheinlich», sagte Kleinlogel.

Die Forschenden glauben, dass dies nicht nur zu einer neuen Therapiemethode beim Verlust der Fotorezeptoren führen könnte, sondern auch bei altersbedingter Makuladegeneration (AMD). Von dieser Erkrankung, bei der die Zellen im Zentrum der Netzhaut degenerieren, ist gut jeder Zehnte über 65 zu einem gewissen Grad betroffen.

Kleinlogel sieht einen Vorteil ihrer Methode gegenüber anderen, verwandten Therapieansätzen, die ebenfalls darauf abzielen, neue Lichtantennen in Bipolarzellen einzufügen. Mit ihrem künstlichen Fotorezeptor könnten die Patienten wieder normales Tageslicht sehen, ohne lichtintensivierende oder bildumwandelnde Brillen tragen zu müssen.

Dies ist bei anderen Ansätzen mit künstlichen eingefügten Lichtantennen, die derzeit ebenfalls im Tiermodell erprobt werden, der Fall. Die Forscherin betont jedoch: «Es wird noch mindestens zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen, bis unser künstlicher Rezeptor in der Klinik getestet werden kann.»

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