Der Berner Verleger, Anwalt und Bankier Charles von Graffenried ist kurz vor seinem 87. Geburtstag verstorben. Der Berner Patrizier litt an Krebs.
Von Graffenried sei „infolge einer kurzen Krankheit“ gestorben, teilte das Zürcher Medienhaus Tamedia in der Nacht zum Mittwoch mit. Nach Angaben der Zeitung „Der Bund“ war bei von Graffenried vor acht Wochen eine Krebserkrankung diagnostiziert worden.
Der 1925 geborene Rechtsanwalt und Notar war Gründer und Verwaltungsratspräsident des Berner Medienunternehmens Espace Media und Verleger der „Berner Zeitung“ und der Zeitung „Der Bund“. Mit dem Verkauf von Espace Media an Tamedia wurde von Graffenried 2007 auch Verwaltungsrat des Zürcher Medienhauses.
Von Graffenried gehörte ausserdem die Von-Graffenried-Gruppe (GR), mit einer Privatbank, einem Liegenschaftsunternehmen, einem Treuhandbüro und einem Rechtsbereich. Sein Vermögen wurde vom Wirtschaftsmagazin „Bilanz“ 2010 auf 300 bis 400 Millionen Franken geschätzt.
„Mein Leben war schön, weil ich drei Berufe hatte: Jurist, Banker und Verleger“, zitierte ihn die „Berner Zeitung“. Nach „Bund“-Angaben hatte von Graffenried die eigene Bank seinerzeit gegründet, um nicht „seine Seele an Banken zu verkaufen“.
Vom Anwalt zum Verleger
Von Graffenried stammte aus einer der bekanntesten Berner Familien. Nach dem Studium hatte er das Notariatsbüro seines Vaters übernommen. Den Grundstein zu seiner Verlegerkarriere setzte er 1979 als Verwaltungsrat des damaligen „Berner Tagblatts“.
Zusammen mit Verbündeten leitete er die Fusion mit den „Berner Nachrichten“ zur „Berner Zeitung BZ“. Aus der BZ-Herausgeberin „AG für das Berner Tagblatt“ ging via „Berner Tagblatt Medien AG 2001“ die „Espace Media AG“ hervor.
Während vieler Jahre war ausgerechnet der Berner Patrizier von Graffenried als BZ-Verleger Gegenpart des Berner Traditionsblatts „Der Bund“. Der „Bund“, ursprünglich ebenfalls in Familienbesitz, blieb bis 1995 unabhängig und war viel mehr die bürgerlich-liberale Tageszeitung vom Stil eines von Graffenried als die BZ.
„Ich will nicht der ‚Bund‘-Killer sein“
Es war von Graffenried, der 2003 den damals schwer defizitären „Bund“ rettete, indem er einen Teil der NZZ-Anteile am „Bund“ übernahm und die Zeitung unter das Dach der Espace Media nahm. „Ich habe immer gesagt, dass ich nicht der ‚Bund‘-Killer sein will“, sagte von Graffenried damals.
„Bund“ und „Berner Zeitung“ lebten fortan als redaktionell eigenständige Blätter weiter. Das ist noch heute so, nachdem sich 2007 Tamedia und die Espace Media zusammenschlossen.
Von Graffenried machte sich für die Presse auch mit dem Preis für Lokaljournalismus verdient, der bis 2010 jeweils unter dem Titel „BZ-Preis für Lokaljournalismus“ verliehen wurde, ab 2011 unter der Bezeichnung „Medienpreis der Stiftung Reinhardt von Graffenried“.