Die bernische Finanzkontrolle nimmt millionenschwere Beschaffungen der Kantonspolizei im IT-Bereich unter die Lupe. Polizeidirektor Hans-Jürg Käser hat die Untersuchung angeordnet. Er bestätigte am Donnerstag entsprechende Angaben der Zeitung «Der Bund».
Er habe sich schon letzte Woche mit dem Polizeikommandanten Stefan Blättler über eine Firma unterhalten, die mit der Kantonspolizei geschäfte, sagte Käser im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda.
Denn der Chef Technik der Kantonspolizei Bern habe einen Bruder bei der fraglichen Firma. Er sei deshalb mit Blättler übereingekommen, die Rechtmässigkeit der Vergaben von der Finanzkontrolle überprüfen zu lassen.
Ob der Chef Technik der Kapo die Ausstandspflicht ausreichend berücksichtigte, solle die Untersuchung durch die Finanzkontrolle zeigen, sagte Käser: «Nach meinem Kenntnisstand sind die Vorschriften eingehalten worden, da letztlich der Polizeikommandant als Vertragspartner den Lieferanten gegenübersteht.»
50 Aufträge ab 2005
Nach Angaben der Kantonspolizei geht es um rund 50 Aufträge, die zwischen 2005 und 2013 an die fragliche Firma gingen. Die Summe der Zahlungen betrage rund 2,85 Millionen Franken, erklärte Peter Giger, Chef Kommunikation, auf Anfrage.
Die 50 Aufträge stammen demnach aus Bereichen mit inhaltlichem Zusammenhang. Als Beispiel nannte Giger die Weiterentwicklung von komplexen polizeispezifischen Informatikanwendungen.
Giger stellte fest, dass der Chef Technik keine finanzielle Ausgabenkompetenz habe und nicht über die Auftragserteilung entscheiden könne. Der Beschaffungsprozess bei der Kantonspolizei sei klar definiert. Die finanzielle Verfügungsgewalt sei losgelöst von der Umsetzung der einzelnen Aufgaben.
Kommandant Blättler sei sich der Sensibilität im Beschaffungsbereich bewusst. Er habe deshalb bereits 2012 aus eigenen Stücken interne Abklärungen in Auftrag gegeben. «Um vollständige Transparenz zu erhalten, hat er nun bei Regierungsrat Käser eine Prüfung durch die Finanzkontrolle beantragt.»
Schwellenwert überschritten
Bei zwei Themengebieten sei der Schwellenwert tatsächlich überschritten worden, bestätigte die Polizei entsprechende «Bund»-Informationen. Im einen Fall habe es «Unvorhersehbarkeiten» gegeben, die den Gesamtaufwand über den Schwellenwert steigen liess. Dieser Schwellenwert betrug laut «Bund» 250’000 Franken.
Im zweiten Fall geht es gemäss der Polizei um ein gesamtkantonales Projekt, das sich verzögert habe. «In der Folge wurde die Kantonspolizei auf Grund ihrer Funktion vorgezogen, dies war so nicht vorauszusehen», erklärte Giger. Ob die Kantonspolizei die Arbeiten hätte ausschreiben müssen, werde die Überprüfung zeigen.
Weiterer Kunde beim Kanton
Nebst der Kantonspolizei soll auch das Kantonale Amt für Informatik und Organisation (Kaio) zur Stammkundschaft der fraglichen Firma zählen. Laut «Bund» summierten sich die Kaio-Aufträge seit Ende 2010 auf 1,62 Millionen Franken. Ein offenes Verfahren habe es auch hier nicht gegeben. Beim Kaio war keine Stellungnahme erhältlich.