Um mehr Fische zu fangen, soll ein Berufsfischer am Bodensee seine Netze manipuliert haben. Am Dienstag stand der 46-Jährige deswegen vor dem Kreisgericht Rorschach. Der Angeklagte weist jede Schuld von sich.
Es sei ein ungewöhnlicher Fall, sagte der St. Galler Staatsanwalt am Dienstagvormittag vor dem Kreisgericht Rorschach. Einerseits kämpften die Fischer am Bodensee ums Überleben, andererseits habe der Angeklagte illegale Netze verwendet und damit kleinere Fische aus dem See gezogen. «In dem er heranwachsende Fische abfischte, hat er seinen Kollegen zusätzlich geschadet», sagte der Staatsanwalt.
Konkret wirft die Anklage dem Berufsfischer vor, er habe 24 Netze manipuliert indem er die amtlichen Plomben abschnitt und an engmaschigere Netze knüpfte. Die Netze, welche die Berufsfischer am Bodensee einsetzen dürfen, werden amtlich kontrolliert und mit Plomben versehen. Dank den Plomben kann die kantonale Fischereiaufsicht auf dem See kontrollieren, ob die Maschen der gesetzten Schwebe- und Bodennetze nicht zu klein sind.
Bedingte Geldstrafe und Busse
Laut dem Staatsanwalt fischte der Berufsfischer zwischen 2009 und 2012 mit illegalen Netzen. Kontrollen der beschlagnahmten Netze hätten ergeben, dass die Maschen der verwendeten Netze zu eng waren. Ausserdem habe der Fischer Netze verwendet, die grösser waren als erlaubt.
Wegen Urkundenfälschung, Siegelbruchs und Missachtung der Schonbestimmungen und weiterer Delikte verlangt der Staatsanwalt eine bedingte Geldstrafe von 310 Tagessätzen zu 110 Franken mit einer Probezeit von zwei Jahren. Zudem soll der Fischer eine Busse von 3300 Franken bezahlen. Die beschlagnahmten Netze sollen vernichtet werden.
Netze zogen sich zusammen
Der Fischer verlangt einen Freispruch. Er verdiene seinen Lebensunterhalt seit fast 30 Jahren als Berufsfischer und habe nichts Unrechtes getan. «Die Maschen meiner Netze müssen sich durch den langjährigen Gebrauch zusammengezogen haben», sagte der 46-Jährige.
Die Anklage sei völlig unbegründet, sagte sein Verteidiger. Der Fischereiaufseher könne den Angeklagten nicht ausstehen und habe ihn angeschwärzt. Bei den Abweichungen handle es sich um Bruchteile eines Millimeters, also um die Dicke eines Blattes Papier, sagte sein Verteidiger. «Das ist zwar mit modernen Geräten messbar, aber für einen Fischer nicht wahrnehmbar.» Zudem sei es gar nicht möglich, mit solchen Netzen kleinere Fische zu fangen.
Fische wachsen nur langsam
Die Fischer am Bodensee klagen seit Jahren über sinkende Fangerträge, viele fürchten um ihre Existenz. Schuld ist laut Experten der niedrige Phosphorgehalt. War der Bodenseewasser in den 1970-er Jahren mit 87 Mikrogramm Phosphor pro Liter Wasser völlig überdüngt, ist er dank dem flächendeckenden Bau von Kläranlagen und dem Phosphatverbot für Waschmittel heute viel sauberer.
Die Wasserqualität entspricht mit lediglich 6 Mikrogramm pro Liter Wasser derjenigen eines Alpensees. Weil den Fischen die Nahrung fehlt, wachsen sie langsamer und gehen den Fischern nicht ins Netz. Deshalb haben die Berufsfischer aller drei Bodenseeanrainer eine Petition gestartet, die verlangt, dass in den Kläranlagen weniger Phosphat ausgefällt wird.