Sans-Papiers sollen künftig unter strengen Bedingungen eine Berufslehre machen dürfen. Der Bundesrat hat am Freitag eine entsprechende Verordnungsänderung in die Vernehmlassung geschickt.
Um eine Berufslehre in Angriff nehmen zu können, müssen die jugendlichen Ausländerinnen und Ausländer ohne gesetzlichen Status „gut integriert sein und mindestens fünf obligatorische Schuljahre in der Schweiz absolviert haben“, wie der Bundesrat mitteilte. Mit anderen Worten heisst dies, dass sie eine der Landessprachen beherrschen und die öffentliche Ordnung respektieren müssen.
Die Vorlage geht auf eine Motion von Nationalrat Luc Barthassat zurück. Diese war vom Parlament im Jahr 2010 an den Bundesrat überwiesen worden. Der Bundesrat will sie nun mit einer Änderung der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE) umsetzen.
Der neue Artikel ergänzt die geltenden Bestimmungen zur Behandlung von Härtefällen und nennt die Voraussetzungen für eine Berufslehre. Die Vernehmlassung dauert bis am 8. Juni 2012.
Der Bundesrat erklärte, dass jugendliche Sans-Papiers zwar das Gymnasium besuchen und studieren dürfen, aber mangels Aufenthalts- oder Arbeitsbewilliung keinen Arbeitsvertrag abschliessen dürfen. Damit ist ihnen die Berufsbildung verwehrt. Zudem mache sich ein Arbeitgeber strafbar, wenn er eine solche auszubildende Person anstelle.
Knappe Entscheide
Stände- und Nationalrat hatten die Motion je mit knappem Mehr gutgeheissen. Auch bürgerliche Politiker stimmten ihr zu. „Sind wir wirklich so hart, dass wir diesen jungen Menschen keine Chance geben?“, hatte beispielsweise die damalige Ständerätin Helen Leumann (FDP/LU) gefragt. Ihr Tessiner Parteikollege Dick Marty hielt fest, dass die Menschlichkeit einer Gesellschaft sich daran bemesse, wie sie mit den Schwächsten umgehe.
Die Gegner vertraten die Auffassung, dass das Problem nur verlagert werde, wenn Jugendliche ohne Rechtsstatus eine Berufslehre absolvieren dürften. Diese Jugendlichen befänden sich weiterhin illegal in der Schweiz und hätten nach der Lehre keinen Zugang zum Arbeitsmarkt.
Vertreter der SVP brachten darüber hinaus prinzipielle Einwände vor. „Sans-Papiers sind Gesetzesbrecher“, sagte der damalige Ständerat und heutige Nationalrat Maximilian Reimann (SVP/AG). Hannes Germann (SVP/SH) warnte vor falschen Signalen: Es dürfe nicht sein, dass legal werde, was lange genug illegal sei.