Die religiöse Beschneidung von Knaben soll in Deutschland straffrei bleiben. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf zu Handen des Bundestags verabschiedet, wie das Bundesjustizministerium mitteilte.
Die Bundesregierung reagierte damit auf die Empörung von jüdischen und muslimischen Gemeinden, die sich durch ein Gerichtsurteil in ihrer Religionsausübung beeinträchtigt sahen. Das Landgericht Köln hatte die Beschneidung eines muslimischen Jungen als Körperverletzung gewertet.
Mit dem Gesetz soll die Strafverfolgung der rituellen Beschneidungen ausgeschlossen werden. Der Entwurf sieht vor, dass von einer Religionsgemeinschaft dazu vorgesehene Personen in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes Beschneidungen vornehmen dürfen.
Die Entfernung der Vorhaut muss nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen. Die Eltern sollen die Beschneidung ihrer Söhne künftig erst nach einer Aufklärung über die medizinischen Risiken veranlassen können. Zudem darf das Kindeswohl nicht gefährdet sein.
Mit dem Kabinettsbeschluss sei ein wichtiges Signal zur Beseitigung der Unsicherheiten in den Religionsgemeinschaften gegeben worden, erklärte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. „Die parlamentarische Beratungen können jetzt zügig aufgenommen werden.“
Lob von Muslimen und Juden
Der Zentralrat der Muslime forderte bereits Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf. Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek, stellte im Bayerischen Rundfunk den Begriff des „Kindeswohlvorbehalts“ infrage. Dieser Punkt sollte noch diskutiert werden.
Insgesamt gehe der Gesetzentwurf aber in die völlig richtige Richtung, sagte Mazyek. Damit werde das „unmissverständliche Signal von Deutschland“ ausgehen, dass Juden und Muslime nicht kriminalisiert würden. Ausserdem werde wieder Rechtssicherheit geschaffen.
„Das ist ein ausgesprochen lebenskluger, ausgewogener und fairer Gesetzentwurf“ sagte der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, der „Rheinischen Post“ (Mittwochausgabe). Es werde damit das „entscheidende Signal“ ausgesendet, dass jüdisches und muslimisches Leben in Deutschland weiter willkommen sei.