Forschende der ETH Lausanne (EPFL) stellen spezielles Fensterglas für Züge vor, das die Innentemperatur angenehm hält, aber im Vergleich zum üblichen Isolierglas für Mobilfunkwellen viel durchlässiger ist. Die Fensterscheiben haben sich bereits im Einsatz bewährt.
Wer pendelt oder auch nur gelegentlich Zug fährt, kennt das Problem. Die Mobilfunkverbindung an Bord lässt oft zu wünschen übrig. Die langsame Verbindung liegt daran, dass Reisende im Zug in einem sogenannten «Faradayschen Käfig» sitzen – in einem Metallgehäuse, das die Zuggäste vor elektromagnetischen Wellen abschirmt.
Um dieses Problem zu lösen, haben Forscher der EPFL gemeinsam mit Industriepartnern neues Fensterglas entwickelt, wie die Hochschule am Montag mitteilte.
Auch durch die Zugfenster kommen die Mobilfunkwellen nämlich nicht, da diese bei modernen Zügen mit einer hauchdünnen Metallschicht überzogen sind. Diese Schicht und die Doppelverglasung sorgen dafür, dass weniger Energie zum Heizen und Kühlen des Zuginneren nötig ist. Zwar setzen Eisenbahnunternehmen meist auf Signalverstärker, damit die Mobilfunkverbindung nicht zu sehr leidet. Aber diese Geräte fressen wiederum Strom und müssen häufig ausgetauscht werden.
Mit dem Laser graviert
Der Trick bei dem neu entwickelten Fensterglas besteht darin, die Metallschicht so zu verändern, dass sie weiterhin Wärmestrahlung reflektiert, aber für elektromagnetische Mobilfunkwellen und Licht durchlässiger wird. «Der Faradaysche Käfig wird durchbrochen, indem die Metallschicht mit einem speziellen Laser bearbeitet wird», erklärte Andreas Schüler von der EPFL gemäss der Mitteilung.
Mit einem Hochpräzisionslaser haben Schüler und sein Team eine Struktur in die Metallschicht graviert, wobei rund 2,5 Prozent der Oberfläche abgetragen wurde. Die guten thermischen Eigenschaften blieben dadurch erhalten und die Veränderung sei praktisch unsichtbar, schrieb die EPFL.
Test unter Realbedingungen
Ob die Scheiben auch tatsächlich halten, was sie versprechen, wurde im Labor und auch bereits unter Realbedingungen getestet: Das Berner Transportunternehmen BLS nutzte sie im Rahmen einer Studie, um damit einen Triebzug des Typs «NINA» vollständig auszurüsten. Spezialisten der Fachhochschule der italienischsprachigen Schweiz SUPSI und der Swisscom testeten die Effizienz der neuen Fenster in der BLS-Werkstatt und auf der Strecke Bern-Thun.
Mit für die Entwickler erfreulichem Ergebnis: Das Spezialglas ist für Mobilfunk gleich durchlässig wie unbeschichtete Glasfenster. Die BLS kündigte daher in der gemeinsamen Mitteilung mit der EPFL an, ab September nach und nach die meisten ihrer 36 Triebzüge des Typs NINA mit den neuen Scheiben auszurüsten. Damit sollen die alten Fenster, die noch keine isolierende Metallschicht trugen, ersetzt und die Energieeffizienz der Züge gesteigert werden. Ohne Verlust für die Mobilfunkverbindung.
Das neue Fensterglas könnte auch für Gebäude interessant sein, schrieb die EPFL weiter. «Auch bestimmte Gebäude mit Glasfassade verhalten sich wie ein Faradayscher Käfig», sagte Schüler. In Weiterentwicklung dieser Idee seien Materialien denkbar, die selektiv elektromagnetische Wellen passieren lassen, nicht aber WLAN-Signale, was die Sicherheit in Unternehmen erhöhen würde, so der Forscher.