Beunruhigung in Südbaden und im Raum Basel

Nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative appelliert der baden-württembergische Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) für eine Umsetzung mit Augenmass. Andere Reaktionen im Norden reichen von Gelassenheit bis zur Forderung an die EU, die Bilateralen Verträge zu kündigen.

(Bild: Keystone/BERND WEISSBROD)

Nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative appelliert der baden-württembergische Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) für eine Umsetzung mit Augenmass. Andere Reaktionen im Norden reichen von Gelassenheit bis zur Forderung an die EU, die Bilateralen Verträge zu kündigen.

Das Ja der Schweiz zur Masseneinwanderungsinitiative kommt beim Nachbarn Deutschland nicht gut an. «Gerade Baden-Württemberg als direkter Nachbar hat ein grosses Interesse an einer ungehinderten Personenfreizügigkeit», sagte der baden-württembergische Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) gegenüber der Nachrichtenagentur dpa am Montag in Stuttgart. Austausch bereichere jedes Land. Baden-Württemberg werde das Verhältnis zur Schweiz in beidseitigem Interesse pflegen.

Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) rechnet angesichts des Fachkräftemangels nicht mit einer harten Umsetzung. Er erwartet eine pragmatische Umsetzung, mit welcher der Bundesrat das Gesicht wahren kann. Das Ja werde kaum Auswirkungen haben auf in der Schweiz Angestellte aus dem deutschen Südwesten.

CDU-Europaparlamentarier hart

Anders sieht dies der südbadische Europaabgeordnete Andreas Schwab (CDU), Mitglied des Schweiz-Ausschusses des Europaparlaments: Pendler aus Baden-Württemberg müssten mit Verschlechterungen rechnen. Er sieht die EU innenpolitisch unter Druck: Distanziert sich Europa nicht klar, dann wäre das Wasser auf die Mühlen eigener Populisten.

Schwab fordert deshalb nun ein Ende der vertraglichen Beziehungen zur Schweiz: Die EU müsse ihre mit der Schweiz geschlossenen Abkommen auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls kündigen.

Kündige die Schweiz nicht von sich aus, müsse die EU die so genannte Guillotine-Klausel aktivieren, sagt Schwab. Diese Klausel sehe ein Vertragsende nach einer Frist von drei Monaten vor; danach könne gegebenenfalls neu verhandelt werden. Die Schweiz könne den Zugang zum Binnenmarkt nur behalten, wenn sie die Freizügigkeit akzeptiert.

«Die Schweiz kann nicht die Vorteile von Europa nutzen und gleichzeitig die Pflichten ablehnen», warnt Schwab weiter. Die vertragliche Komplexität der bilateralen Abkommen sei zu gross und lade zu «Rosinenpickerei» geradezu ein. Zu kündigen seien alle Abkommen, nicht nur jenes zur Personenfreizügigkeit.

Basler Wirtschaftsverbände besorgt

Besorgnis über die Folgen äusserte im Weiteren der Personalchef des Basler Universitätsspitals, dessen Ärzte und Pflegende zu über der Hälfte keinen Schweizer Pass haben, im Regionaljournal Basel von Radio SRF. Das Spital wolle seinem Personal nun die Wertschätzung deutlich machen, damit niemand präventiv einen andere Stelle sucht.

In der Zwickmühle sehen sich ferner Schweizer Unternehmen in Deutschland, wie einem Communiqué von deren Verband vom Montag zu entnehmen ist. Dieser «drängt» den Bund, bei der Umsetzung «dem Wirtschaftsstandort Schweiz keinen allzu grossen Schaden zuzufügen» und bittet die EU, bei den anstehenden Verhandlungen die «Handelsbeziehungen nicht über Gebühr zu belasten».

Der Arbeitgeberverband Basel weist derweil in einer Mitteilung auf die schädliche Rechtsunsicherheit hin, bis die Umsetzung geklärt ist: Diese wirke sich sicher auf regionale Investitionsentscheide globaler Unternehmen aus. Auch der administrative Aufwand mit den künftigen Kontingenten könnte die Standortattraktivität gefährden.

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