Die Bewohner der nordwestchinesischen Unruheregion Xinjiang müssen bis Mitte Februar ihre Reisepässe bei der Polizei abgeben. Der Schritt löste scharfe Kritik aus, weil er offensichtlich auf die muslimische Minderheit der Uiguren abzielt.
Das Einsammeln der Dokumente folge auf eine Lockerung der Reisepasskontrolle 2015 und diene der «Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung», zitierte die «Global Times», die vom kommunistischen Parteiorgan «Volkszeitung» herausgegeben wird, einen lokalen Beamten. Es diene der «jährlichen Überprüfung».
«Wer es ablehnt, seinen Reisepass abzugeben, ist selbst verantwortlich dafür, wenn ihm die Ausreise verweigert wird», hiess es demnach in einer amtlichen Notiz. Die Regionalregierung in Ürümqi wollte sich am Freitag zunächst nicht dazu äussern.
Wie die Reisepässe wieder zurückgegeben werden, schien unklar. Einfache Leute könnten ihren Pass leicht wieder zurückbekommen, aber wer einen kriminellen oder «verdächtigen» Hintergrund habe, werde an der Ausreise gehindert, sagte der Beamte laut «Global Times».
Ohnehin ist es in Xinjiang nicht so einfach, einen Pass zu bekommen. Seit Juni müssen Bewohner dafür Bio-Daten zur Verfügung stellen, darunter sogar eine DNA-Blutprobe, Fingerabdrücke, eine Aufzeichnung ihrer Stimme und ein dreidimensionales Bild ihres Körpers.
Kritik an Peking
Der in München ansässige Weltkongress der Uiguren, die Exilorganisation der Minderheit, kritisierte, dass die verschärfte Politik vor allem auf ihr Volk abziele. Die Konfiszierung der Pässe «spiegele die feindliche Haltung der chinesischen Regierung wider», zitierte der US-Sender Radio Free Asia einen Sprecher.
«Die chinesische Regierung hat keinen glaubwürdigen Grund für die Rücknahme der Pässe der Menschen angegeben, womit das Recht auf Bewegungsfreiheit verletzt wird», sagte Sophie Richardson von Human Rights Watch. Es sei «eine Form kollektiver Bestrafung und wird Ablehnung gegen die Regierung in einer Region entfachen, in der die Lage ohnehin angespannt ist».
Tief sitzende Ressentiments
Wegen der Spannungen zwischen Uiguren und Chinesen gilt die westliche Autonome Region Xinjiang schon lange als Konfliktherd. Viele Uiguren beklagen Unterdrückung. Peking geht hart gegen mutmassliche Separatisten und Terroristen vor. Das frühere Ostturkestan hatten die Kommunisten nach ihrer Machtübernahme 1949 in Peking der Volksrepublik einverleibt.
Xinjiang grenzt an Zentralasien und hat rund 22 Millionen Einwohner, darunter zehn Millionen Uiguren und 8,4 Millionen Han-Chinesen. Immer wieder kommt es zu blutigen Zwischenfällen zwischen beiden Volksgruppen. Ressentiments und Vorurteile sitzen tief. Wegen einer Reihe von Terroranschlägen seit mehr als zwei Jahren greifen die Behörden besonders hart durch.