Eldin Jakupovic ist zurück im Premier-League-Business, und dank ihm keimt beim Aufsteiger Hull die Hoffnung auf, nicht umgehend wieder in die Zweitklassigkeit abzustürzen.
In der Hafenstadt sehen sie wieder Land. Damit rechneten beim Hull City A.F.C. vorübergehend nur noch ein paar unverwüstliche Optimisten. Zu ihnen gehört Eldin Jakupovic. Von seinen Fangkünsten hängt viel ab. Seit der ehemalige Schweizer U21-Internationale die gegnerischen Schüsse wieder im grossen Stil entschärft, ist der sportliche Kollaps kein Thema mehr. Die momentane Stabilisierung des Klubs ist mit seinem Comeback am 14. Januar und dem 3:1-Erfolg gegen Bournemouth nach neun erfolglosen Premier-League-Anläufen verknüpft.
Letzte Woche stoppte er innerhalb von 72 Stunden die beiden mehrere Hundert Millionen Pfund schweren Insel-Giganten Manchester United (0:0) und Liverpool (2:0). «Sie waren richtig wütend», betont Jakupovic im Telefongespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Seine Performance an den vergangenen zwei Spieltagen ist nur schon aufgrund einiger statistischen Angaben abschätzbar: Der frühere GC-Junior hatte 23 Cornerbälle zu bewältigen und ein Schussverhältnis von 13:38 auszuhalten.
Dass der Exzentriker Zlatan Ibrahimovic hinterher trompetete, er habe keine schwierige Parade des Hull-Kontrahenten gesehen, sondern vorwiegend «schlechte Abschlüsse» der United, berührt den «Unbezwingbaren» («Hull Daily Mail») nicht im Geringsten. «Jeder kennt ihn. Er ist ein lockerer Typ und macht gerne Sprüche. Mir war es eine Ehre, zweimal gegen einen solchen Superstar zu spielen. Seine Präsenz ist beeindruckend, er ist unfassbar stark. Aber wir stoppten ihn.» Oder besser: Einer hielt «Ibra» auf – gegen den abgezockten Glarner fand der zweitbeste Skorer der Liga während 180 Minuten keine Lösung.
In ihrer fünften Saison bei den Tigers steht die Aushilfskraft aus der zweiten Reihe womöglich erstmals dauerhaft als Frontmann im Einsatz. Das persönliche Standing sollte endgültig gefestigt sein. Er hoffe, seinen Stammplatz nun halten zu können, so Jakupovic. «Aber allzu sehr beschäftigt mich der eigene Status nicht, ich mache mein Ding und gehe davon aus, bis Ende Saison spielen zu können.»
Komplimente und Überstunden
Während vier Monaten war Jakupovics Einfluss an der Anlaby Road kaum grösser gewesen als jener der zunehmend irritierten Tigers-Fans. Mike Phelan setzte dem zu Beginn beeindruckenden Keeper im Spätsommer den neu engagierten Schotten David Marshall vor die Nase. Der glücklose Coach exponierte sich nicht nur mit der schwer nachvollziehbaren Goalie-Rochade. «Das Klima verschlechterte sich. Im Team reagierten einige nicht sehr erfreut auf die vielen Wechsel», erinnert sich Jakupovic an die ungemütlich schnell drehende Negativspirale.
Nach einem regelrechten Zerfall und nur einem Sieg in 18 Runden wurde der frühere Assistent Phelan seinerseits entmachtet. Der Olympiakos-Meistermacher Marco Silva übernahm – und wie. Auszeiten genehmigt der 39-jährige Portugiese weder sich noch der Belegschaft. Der «Guardian» stellte fest, dass der taktikbesessene Südeuropäer den nahezu klinisch toten Aufsteiger «mit einer hohen Informationsdosis revitalisierte».
Die Hingabe und seine Bereitschaft zur mikroskopischen Aufarbeitung erinnere an den jungen José Mourinho, glauben die medialen Experten. Von seiner Schaffenszeit in Piräus, bei Sporting Lissabon und in Estoril blieb haften, wie er vielerorts abgeschriebene Spieler aus der Versenkung heben konnte. In Hull hat er innert Kürze in passablem Englisch Leitplanken gesetzt und die bis zum Jahres- und Trainerwechsel tief verunsicherte Mannschaft vor eigenem Publikum zu vier Pflichtspielsiegen in Folge geführt.
«Vier Bonuspunkte»
Die positive Aussenwahrnehmung sei mit der internen Analyse deckungsgleich, meldet Jakupovic aus dem Norden Englands. «Er hat vom ersten Training an gezeigt, wer der Chef ist auf dem Platz. Zieht ein Spieler nicht hundertprozentig mit, ist er sofort weg», beschreibt Jakupovic die markante Stiländerung. Silva lebe die Mentalität vor, nichts dem Zufall zu überlassen. Totale Fokussierung, keine Energieverluste, strukturierte Abläufe.
«Er macht in allen Bereichen einen exzellenten Job», lobt der Keeper. «Wir stehen perfekt vorbereitet auf dem Platz.» Dass der Lusitaner die täglichen Lektionen spürbar verlängerte, störe niemanden. «Wir müssen noch härter arbeiten und zusammenhalten.» Nach den «vier Bonuspunkten» gegen Manchester United und Liverpool sei die Schubkraft und Zuversicht grösser denn je, den Turnaround zu erzwingen: «Es kommt gut!»