Ein Bilanzskandal bei der übernommenen Software-Schmiede Autonomy erschüttert den weltgrössten Computerbauer Hewlett-Packard. In ihrem Schlussquartal müssen die Amerikaner satte 8,8 Mrd. Dollar abschreiben, durch die Lasten türmt sich ein Verlust von fast 7 Mrd. auf, wie das Unternehmen mitteilte.
Firmenchefin Meg Whitman war angesichts der mutmasslichen Mauscheleien in den Autonomy-Büchern ausser sich. „Die Mehrheit des Top-Managements war hier und hat dem Kauf seinerzeit zugestimmt, und wir fühlen uns deshalb furchtbar“, sagte sie am Dienstag.
Verantwortlich für die 11,5 Mrd. Dollar schwere Übernahme seien allerdings vor allem ihr kurzzeitiger deutscher Vorgänger Leo Apotheker und der einstige Strategiechef Shane Robison gewesen. Den Wirtschaftsprüfern Deloitte und KPMG warf sie indirekt Versagen vor.
Beide hätten die Unregelmässigkeiten nicht bemerkt. HP habe sich an die US-Börsenaufsicht und deren Amtskollegen in Grossbritannien gewandt, um den angeblichen Schwindeleien nachzugehen. Ihr Haus werde straf- und zivilrechtliche einleiten, „um für die Aktionäre zu retten, was zu retten ist“.
Schwere Vorwürfe
Die Vorwürfe gegen das frühere Management von Autonomy wiegen schwer. So hätten die Manager vor dem Erwerb durch HP die Planungszahlen aufgepumpt, teilte der Hardwarekonzern mit. Investoren und potenzielle Käufer seien arglistig getäuscht worden.
Die Bewertung des Unternehmens sei dadurch viel zu hoch gewesen. Die Sache sei aufgeflogen, nachdem sich ein hochrangiger Autonomy-Manager nach dem Abgang des Firmengründers Mike Lynch offenbart habe. HP habe nun die Wirtschaftsprüfer PWC angeheuert, um die alten Autonomy-Bilanzen weiter zu durchforsten.
Der frühere Autonomy-Chef Lynch reagierte überrascht auf die Anschuldigungen. Er prüfe derzeit die Veröffentlichungen von HP und werde sich nach einer Telefonkonferenz zu Wort melden, sagte eine Sprecherin.
Trotz des gigantischen Fehlschlags will HP an dem Zukauf festhalten. „Wir stehen zu 100 Prozent zu Autonomy“, hiess es. HP hatte sich den britischen Spezialisten für Unternehmenssoftware 2011 einverleibt, um sein Geschäft mit Firmenkunden zu stärken und dabei seine Rendite – ähnlich wie der Rivale IBM – auf Vordermann zu bringen. Analysten hatten den Preis damals schon als viel zu teuer kritisiert.