Achtung: Weil die Vorstellung am Mittwoch ausverkauft war, wird am Sonntag 21h15 eine zweite angesetzt. Damit stellt das Bildrausch-Festival in Basel «Visions of Reality» von Gustav Deutsch noch einmal vor.
Sie haben etwas Zauberhaftes, Edward Hoppers Bilder der Stille: Jetzt hat ein anderer Zauberer sich in diese lichtdurchfluteten Gemälde hineinbegeben. Mit kleinen Ton- und Lichtretuschen lässt er sie sogar zu Wort kommen. Gustav Deutsch hat die Bilder zu einer Geschichte einer Frau aneinandergereiht, die nach ihrer Identität fragt. Wer ein paar der Tableaus vor dem Gang ins Kino noch einmal auf sich wirken lassen will, dem habe ich hier eine kleine Galerie zusammengestellt. Wer einfach die Bilder geniessen will – bitte. Den Cinéasten geben die Titel immerhin Anhaltspunkte, was sie im Kunstfilm «Visions of Reality» erwarten könnte. Er ist während des «Bildrausch-Filmfestes» im Basler Stadtkino zu sehen.
Edward Hopper. ‚Hotel Room‘
Im «Hotel Room» erfahren wir endlich, was die junge Dame aus der Tasche auspackt. Warum sie an Paris denkt.
In «Room in New York» fällt die junge Schauspielerin den Entscheid, ihm endlich zu eröffnen, dass sie sich trennen möchte, was sie dann aber doch nicht tut, sondern es nur bei einer hoffnungsvollen Zärtlichkeit bewenden lässt.
Edward Hopper. ‚New York Movie‘
In «The NewYoork Movie» brennt die junge Frau für ein neues Hollywoodkino, während in Polen der Weltkrieg beginnt, und die ersten Bombardements London treffen.
Edward Hopper. ‚Office at Night‘
«Office at Night» beginnt im Dunkel des verlassenen Büros. Die Sekretärin, die eigentlich Schauspielerin werden wollte, kehrt mit dem Journalisten aus den Illusionen zurück. Sie haben zusammen immerhin einen Drink genehmigt.
Edward Hopper. ‚Hotel Lobby‘
In der «Hotel Lobby» wartet das ältere Ehepaar auf das Taxi, das sie zu einer Inszenierung von Elia Kazan bringen soll, der ein Stück von Thornton Wilder auf die Bühne bringt, während eine junge Frau über Elia Kazan nachdenkt. Mit einem leisen Wind aus der Wirklichkeit wendet sich die junge Frau mit einem Mal an uns: Besser das Eis sofort geniessen, während es noch frisch auf dem Teller liegt …
Edward Hopper. ‚Morning Sun‘
In «Morning Sun» fragt sich die junge Frau, ob sie Hilfe braucht. Sie hintersinnt Elia Kazans Spitzeltätigkeit für das FBI, das in jenen Tagen auf Kommunistenjagd ist.
Im Kino schliesslich ist sie sich ihrer Sache sicher. Es ist vorbei. Sie wird ihn verlassen. Sie wird ausziehen. Das letzte Glück besteht darin, dass sie glaubt, er sitze hinter ihr. Aber auch dieses Glück streicht nur an ihr vorbei. Es endet in «Sun in an Empty Room». Die Möbel sind noch nicht angekommen. Nur ein kleiner Transistorradio zeugt vom Aufbruch, der bevorsteht: Joan Baez singt, und die junge Frau fragt sich, ob sie nach Europa gehen soll. Während im Radio Marin Luther King seine Rede hält, macht sich die Frau auf den Weg. So inszeniert das Gustav Deutsch im Bild von Hopper: Es beginnt mit einem Zuggeräusch. Ihm folgt ein leises Zittern des Fusses der jungen Frau. Im schneller werdenden Schienengeräusch beschleunigt sich auch das Vorbeihuschen der Schatten. So wird eine Zugfahrt inszeniert: Mit Minimalismus, wie Deutsch ihn im Edward-Hopper-Look perfekt nachempfindet. Als hätte er den Nachhall, den die Bilder in uns erzeugen, noch etwas weiträumiger gemacht.