Die Wirtschafts- und Währungskrise geht auch an der Schweiz nicht spurlos vorbei. Das geht aus einer Umfrage der Zeitung „Sonntag“ bei Sozialämtern in 14 Städten hervor. Die Frage, ob die Sozialfälle 2011 zugenommen haben, bejahen 10 Städte.
Die höchste Zunahme an Sozialfällen verzeichnen Wohlen AG und Grenchen SO mit plus 10 Prozent. Es folgen Baden AG mit plus 9 Prozent, Luzern mit 8,5, Olten SO mit 7 und Schaffhausen mit plus 5 Prozent.
Bemerkenswert: Die grossen Städte Bern, Zürich und Basel erwarten keinen markanten Anstieg und gehen von stabilen Zahlen aus. Das gilt auch für den Kanton Baselland.
Weiteres Ergebnis: Die Auswirkungen der seit April 2011 geltenden Leistungskürzungen bei der Arbeitslosenversicherung werden sich erst in den nächsten Jahren bei den Sozialämtern bemerkbar machen. Denn Langzeitarbeitslose müssen zuerst ihr Vermögen bis auf 4000 Franken aufbrauchen, bevor sie Sozialhilfe beantragen können.
Ab Mitte 40 bereits altes Eisen
Neu ist gemäss der Umfrage die Zunahme von Sozialfällen bei Personen, die erst Mitte 40 sind und keine Jobs mehr finden. Dieses Phänomen beobachten alle angefragten Städte.
„Wir stehen in einer Wirtschaftskrise. Stellen werden abgebaut. Dabei trifft es auch vermehrt Personen, die erst Mitte 40 sind“, sagte Renate Salzgeber, Dozentin der Berner Fachhochschule für soziale Arbeit, in einem Interview mit der Zeitung „Sonntag“.
Leider sei dies kein vorübergehendes Phänomen. „Bei einer Erholung des Arbeitsmarktes sind junge, billige und willige Arbeitskräfte zuerst gefragt.“
Ohne neue Projekte für diese „Generation 46+“ bleibe als Alternative nur die „Verrentung“, sagte Salzgeber: „Wenn wir nichts machen, dann werden wir zunehmend Menschen haben, die ab 46 unfreiwillig zu sozialabhängigen Frührentnern werden.“
Es gebe bereits einzelne Projekte, in denen für als nicht mehr vermittlungsfähig geltende Langzeitarbeitslose die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle nicht mehr das primäre Ziel sei. Das Hauptziel sei, sie sozial zu integrieren und aus ihrer Isolation zu holen.