Die umstrittenen Dieudonné-Aufführungen in Nyon haben vorläufig keine strafrechtlichen Folgen. Die Stadt und die Koordinationsstelle gegen Antisemitismus und Diffamierung CICAD haben nach den ersten sechs von zehn Darbietungen nicht die Absicht, Klagen einzureichen.
«Es gibt keine Vorfälle, um eine Klage gegen Artikel 261 des Strafgesetzbuches (Anstiftung zu rassistischem Hass) zu formulieren», sagte Olivier Mayor, der Kulturverantwortliche der Stadt Nyon, am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Die Stadt hat das Stück aufgezeichnet. Ausserdem wurden Gewährsleute zu den einzelnen Aufführungen geschickt, um zu überprüfen, dass es seitens des umstrittenen französischen Komikers Dieudonné zu keinen rassistischen Entgleisungen kommt.
Auch die Genfer Koordinationsstelle gegen Antisemitismus und Diffamierung (CICAD) will bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht juristisch gegen Dieudonné vorgehen, wie CICAD-Generalsekretär Johanne Gurfinkiel der sda sagte.
Eine Nacherzählung der Vorstellung habe gezeigt, dass keine problematischen Äusserungen gemacht worden seien und deshalb keine gerichtliche Klage eingereicht werden müsse. «Wir bleiben aber dennoch aufmerksam. Wir werden Dieudonné weiterhin genaustens überwachen», betonte Gurfinkiel.
Vier weitere Aufführungen geplant
Der französisch-kamerunische Komiker Dieudonné M’bala M’bala wird ab Anfang März für vier weitere Auftritte nach Nyon zurückkehren. Bisher gab er im Théâtre de Marens in Nyon vor ausverkauftem Haus sechs Vorstellungen seines Stücks «Asu Zoa», einer abgeschwächte Version des Stücks «Mur», das in Frankreich wegen Antisemitismus verboten worden war.
Bei seinen bisherigen Auftritten in Nyon zeigte Dieudonné mehrmals seine umstrittene Geste mit den Armen, die sogenannte «quenelle». Diese erinnert an einen umgekehrten Hitlergruss. Ansonsten hielt er sich mit polemischen Aussagen zurück.
Die Stadt Nyon hatte Mitte Januar bekannt gegeben, die Aufführungen Dieudonnés nicht zu verbieten. Sie begründete dies damit, dass das Bundesgericht das Recht auf Meinungsäusserungsfreiheit höher gewichtet habe.
Freigesprochen
Unterdessen sprach ein Pariser Gericht Dieudonné im Prozess um ein umstrittenes Video frei. Das Gericht urteilte am Freitag, es könne ihm nicht nachgewiesen werden, das Video selbst im Internet veröffentlicht zu haben.
Dieudonné war unter anderem Beleidigung und Verherrlichung eines Tötungsdelikts in der Öffentlichkeit vorgeworfen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldstrafe von 200 Tagessätzen von jeweils 100 Euro gefordert.
In einem im April 2010 verbreiteten Video hatte Dieudonné unter anderem den Begriff «Shoahnanas» verwendet, mit dem er sich über den Massenmord an den Juden in der NS-Zeit – die Shoah – lustig macht. In dem Video hatte er auch eine «Macht der jüdischen Lobby» angeprangert. Zudem rief er zur Freilassung von Youssouf Fofana auf, der wegen der brutalen Folterung und Ermordung eines Juden im Jahr 2006 in Frankreich eine lebenslange Haftstrafe absitzt.