Bluttat im Kiental: Verstrickt im Netz der Gefühle

Ein Mann und seine Ex-Frau müssen sich seit Dienstag in Thun für eine Bluttat im Berner Oberland vor Gericht verantworten. Er ist des Mordes, eventuell der vorsätzlichen Tötung angeklagt, sie der Anstiftung dazu.

Blick in einen Gerichtssaal (Symbolbild) (Bild: sda)

Ein Mann und seine Ex-Frau müssen sich seit Dienstag in Thun für eine Bluttat im Berner Oberland vor Gericht verantworten. Er ist des Mordes, eventuell der vorsätzlichen Tötung angeklagt, sie der Anstiftung dazu.

Der Angeklagte ist geständig, im November 2011 den damaligen Partner seiner Ex-Frau im Kiental mit 26 Messerstichen getötet zu haben. Dies, um seiner Ex-Frau aus der emotionalen Abhängigkeit zu ihrem damaligen Partner, einem gebürtigen Deutschen, zu helfen.

Am ersten Prozesstag wurde der Blick frei auf eine verworrene Beziehungsgeschichte, in der psychische Probleme, emotionale Abhängigkeiten und Schuldgefühle die Hauptrolle spielten.

Der Angeklagte und die Frau waren verheiratet und hatten gemeinsame Kinder. Wegen einer «Aussenbeziehung», wie es der Angeklagte nannte, ging die Ehe vor Jahren in die Brüche.

Auf den neuen Mann an der Seite seiner Ex-Frau sei er nie eifersüchtig gewesen, betonte der Angeklagte am Dienstag vor Gericht. Im Gegenteil, er habe alles erdenkliche getan, damit es der Familie inklusive dem neuen Partner gut ging.

«Er war mein bester Freund»

Doch das Glück der Frau begann sich erneut zu trüben. Mit ihren Beziehungsproblemen wandte sie sich an ihren Ex-Mann, der ihr immer noch nahe stand. «Er war mein bester Freund, mit ihm konnte ich über alles reden», sagte die Angeschuldigte am Dienstag.

Dass er die Ex-Frau wieder habe für sich gewinnen wollen, verneinte der Mann vor Gericht vehement. Ebenso stritt er ab, seiner ehemaligen Gattin hörig zu sein. Sie habe ihn nicht zur Tat angestiftet sagte er.

Stimmen im Ohr

Als eigentlicher Auslöser der Tat schilderte der Angeklagte einen Streit mit dem gebürtigen Deutschen wenige Tage vor dem verhängnisvollen 23. Novenber 2011.

Er höre seit Jahren Stimmen und sei deswegen in ärztlicher Behandlung, erzählte der Angeklagte. Bei dem Streit seien die Stimmen laut geworden und hätten von Tod und Sterben gesprochen.

Daraufhin befand sich der Angeklagte, wie er es nannte, in einem Film, aus dem ihn niemand mehr herausholen konnte. Der heute 45-jährige Schweizer plante die Tat gemäss Anklageschrift minutiös.

Vorbehalt angebracht

Am Mittwoch werden die Anwälte ihre Plädoyers halten, das Urteil ist für Freitag vorgesehen. Allerdings steht der weitere Verlauf des Prozesses unter einem Vorbehalt.

Der Verteidiger des Angeklagten will beim Obergericht beantragen, dass das Thuner Gericht in Ausstand treten muss. Dies deshalb, weil es das Gericht am Dienstag aus prozessualen Gründen abgelehnt hatte, die Bluttat auch noch unter dem Aspekt des Totschlags zu würdigen.

Mit der Ablehnung habe das Gericht den Angeklagten vorverurteilt, so die Sicht des Verteidigers. Sollte das Obergericht dem Verteidiger Recht geben, wäre das Urteil vom Freitag ungültig.

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