Der Kidnapper von Cleveland, Ariel Castro, ist der Vater der sechsjährigen Tochter der von ihm entführten Amanda Berry. Dies ergab ein Vaterschaftstest, wie Generalstaatsanwalt Mike DeWine am Freitag erklärte.
Amanda Berry war 2003 mit 16 Jahren entführt worden. Zehn Jahre wurde Berry von dem ehemaligen Schulbusfahrer Castro gefangen gehalten – zusammen mit Gina Dejesus and Michelle Knight. Die drei Frauen und das Mädchen waren am Montag freigekommen.
Der 52-jährige Castro wurde in Untersuchungshaft genommen. Ihm droht möglicherweise die Todesstrafe. Staatsanwalt Timothy McGinty strebt zusätzliche Anklagen gegen ihn wegen vorsätzlichen Mordes, versuchten Mordes und Körperverletzung an. McGinty bezog sich dabei auf Vorwürfe, nach denen der 52-Jährige zumindest eine seiner Gefangenen mehrere Male gewaltsam zum Schwangerschaftsabbruch gezwungen haben soll, nachdem er sie vergewaltigt hatte.
Er werde «jeden Akt vorsätzlichen Mordes» untersuchen, den der Angeklagte «begangen hat, indem er… Schwangerschaften abbrach», sagte McGinty am Donnerstag.
Das Gesetz erlaube die Todesstrafe für Kriminelle, die im Zuge einer Entführung vorsätzlich einen Mord begingen. Die Anklage hatte gegen Castro bereits die Vorwürfe der Entführung und der Vergewaltigung erhoben.
Die drei Frauen – Amanda Berry, Gina DeJesus und Michelle Knight – waren am Montag nach etwa einem Jahrzehnt Gefangenschaft befreit worden. Bei ihnen war auch Berrys sechsjährige Tochter. Sie war während der Gefangenschaft zur Welt gekommen.
Nahrungsentzug und Tritte in den Leib
Die Aussage von Staatsanwalt McGinty war die erste offizielle Bestätigung von Berichten, nach denen zumindest eine Frau in der Gefangenschaft eine oder vielleicht sogar mehrere von dem Entführer herbeigeführte Fehlgeburten erlitt.
Mehrere Medien hatten unter Berufung auf Polizeiprotokolle nach ersten Vernehmungen der Frauen gemeldet, dass Castro bei einer Entführten fünfmal einen Schwangerschaftsabbruch herbeigeführt haben soll – per Nahrungsentzug und Tritte in den Leib.
Die drei Frauen mussten sich jahrelang der absoluten Kontrolle ihres Peinigers beugen. In Castros Haus fand die Polizei Seile und Ketten, mit denen die Opfer gefesselt wurden. Nur sehr selten hätten die Frauen das Haus verlassen und auf den Hof gehen dürfen.
Ein Cousin eines Opfers erzählte, die Frauen hätten zu jedem Jahrestag ihrer Entführungen einen Kuchen backen müssen. «Er feierte ihren Entführungstag als ihre neuen Geburtstage». Castro habe auf seinem 1400 Quadratmeter grossen Anwesen eine «Folterkammer und ein privates Gefängnis mitten in unserer Stadt» gehabt, teilte Staatsanwalt McGinty mit.
Ein Opfer noch im Spital
Knight war auch am Donnerstag noch im Spital, während ihre Leidensgefährtinnen am Mittwoch nach Hause zurückkehrten. Nach Angaben der «New York Times» wurden alle drei Frauen – damals Teenager – vom mutmasslichen Täter auf derselben Strasse in ein Auto gelockt.
Eine der Frauen sei mit einer Tochter Castros befreundet gewesen. Ihr Wiederauftauchen warf die Frage auf, ob die Polizei nach dem Verschwinden der Jugendlichen wirklich alles getan hatte, um sie zu finden – aber auch die Frage, warum die Frauen nicht schon früher versuchten, zu entkommen.
«Sexuelles Raubtier»
Castro gab in einer ersten Vernehmung laut mehreren Medien als Tatmotiv an, dass er «sexsüchtig» sei. Er sei unfähig, seine Triebe zu kontrollieren, berichtete der lokale NBS-Kanal «WKYC».
Bei der Durchsuchung des Hauses von Castro fand die Polizei laut einem Medienbericht eine Notiz, in der er sich als «sexuelles Raubtier» bezeichnet. Offenbar mit Blick auf seine Opfer schrieb er laut einem Reporter des lokalen Fernsehsenders WOIO: «Sie sind hier gegen ihren Willen, weil sie den Fehler begangen haben, zu einem völlig Fremden ins Auto zu steigen.»
Seine Angehörigen wandten sich von ihm ab. «Ich bitte die Frauen und die Mädchen um Verzeihung für das Leid, das sie erlitten haben», sagte Castros Mutter unter Tränen einem «Today»-Reporter.
Eine seiner Töchter sagte dem Fernsehsender CNN, rückblickend erklärten sich viele seltsame Verhaltensweisen Castros wie etwa die starke Sicherung seines Hauses. «Ich bin einfach nur angewidrt.»