Bei der Volksabstimmung über eine weitere Amtszeit für den linksgerichteten bolivianischen Präsidenten Evo Morales hat sich am Montag ein Nein abgezeichnet. Nach Auszählung eines Drittels der Stimmen entfielen auf das Nein 62,3 Prozent, auf das «Ja» nur 37,7 Prozent.
Morales versprach, er werde das «Ergebnis respektieren», seine Anhänger hofften aber noch auf einen Trendwechsel. Morales‘ Gegner organisierten Freudenfeste, unter anderem in Santa Cruz und Trinidad.
«Wir werden geduldig bis zum Schlusspfiff warten», sagte Morales vor Journalisten in La Paz. «Wir sind optimistisch.» Die noch nicht ausgezählten Stimmen auf dem Land, in der indianischen Urbevölkerung und im Ausland könnten das Blatt noch wenden, lautete die Annahme des Morales-Lagers.
Aber auch Nachwahlbefragungen sahen das Nein-Lager vorn. 52,3 Prozent der Befragten hätten gegen die für ein weiteres Mandat erforderliche Verfassungsänderung gestimmt, 47,7 Prozent dafür, berichtete der private Fernsehsender ATB unter Hinweis auf solche Nachwahlbefragungen. Der Sender Unitel gab den Anteil der Nein-Voten mit 51 Prozent und den der Ja-Voten mit 49 Prozent an.
Die Auszählung der Stimmen ging nur sehr langsam voran. Am Montagmorgen war der Anteil der ausgezählten Stimmen auf der Internetseite des amtlichen Plurinationalen Wahlorgans (OEP) mit 27 Prozent angegeben, er kletterte dann langsam auf 32,6 Prozent. Das amtliche Endergebnis wird erst in einigen Tagen erwartet.
Hoffen auf die Ausland-Bolivianer
Etwa 6,5 Millionen Einwohner des südamerikanischen Landes, in dem Wahlpflicht herrscht, waren zu der Abstimmung aufgerufen. Hinzu kommen rund 300’000 Bolivianer im Ausland.
Die Teilnehmer des Referendums sollten entscheiden, ob Morales im Jahr 2019 für eine vierte Amtszeit kandidieren darf oder nicht. Der lange Zeit hoch angesehene Politiker hatte selbst mit einer Zustimmung von 70 Prozent gerechnet.
Morales kam 2006 als erster indigener Politiker durch eine demokratische Wahl an die Spitze des Andenstaates und wurde anschliessend zwei Mal im Amt bestätigt. Für ein weiteres Mandat ist eine Verfassungsänderung erforderlich – bislang sieht die Verfassung nur zwei Amtszeiten vor. Morales‘ erste Wahlperiode wird nicht mitgezählt, weil die Verfassung damals in der derzeitigen Form noch nicht in Kraft war.
Opposition: Bolivien hat Nein gesagt
«Bolivien hat Nein gesagt», erklärte der Gouverneur von Santa Cruz, Rubén Costas, einer der Führer der Opposition, nach Bekanntgabe der Prognosen. Samuel Doria Medina, der Morales zwei Mal bei Präsidentschaftswahlen unterlag, sprach von einem «Sieg des Volkes»: «Heute ist das Projekt, Bolivien in einen Ein-Parteien-Staat zu verwandeln, gescheitert.»
Allerdings wuchs die Wirtschaft während Morales‘ Präsidentschaft im Durchschnitt um jährlich 4,9 Prozent, vor allem auch dank der Einnahmen aus dem verstaatlichten Gasgeschäft.
Der ehemalige Kokabauer und Gewerkschafter Morales hatte sich in der Bevölkerung zuletzt mit diversen Affären unbeliebt gemacht. So soll der 56-jährige Präsident unter anderem seine Ex-Freundin, die 28-jährige Gabriela Zapata, begünstigt haben.
Zapata gehört zur Führungsriege des chinesischen Unternehmens CAMC, das mit der bolivianischen Regierung Verträge in einem Wert von umgerechnet mehr als einer halben Milliarde Franken abgeschlossen hat.
Morales, dessen Partei Bewegung für den Sozialismus (MAS) sich als Interessenvertretung der Armen versteht, wies die Vorwürfe zurück und erklärte, dies sei alles eine Erfindung der US-Botschaft, die diese pünktlich zum Referendum lanciert habe.
Überschattet wurde der Wahlkampf zum Referendum zuletzt von einer Brandattacke von Demonstranten auf das Rathaus der zweitgrössten Stadt El Alto, bei der sechs Menschen starben. Die MAS hatte 2015 das Bürgermeisteramt dort an Soledad Chapetón von der Partei Unidad Nacional verloren – einem MAS-Politiker wird eine Mittäterschaft vorgeworfen.