Elf Monate nach dem Säureanschlag auf Sergej Filin, den Ballettchef des Moskauer Bolschoi Theaters, hat das Moskauer Gericht den Solotänzer Pawel Dmitritschenkodes schuldig gesprochen und zu sechs Jahren Straflager verurteilt.
Der 29-Jährige habe zusammen mit zwei anderen Männern die Pläne für das Attentat auf Sergej Filin geschmiedet, sagte eine Richterin am Dienstag. Der Tänzer hatte sich am künstlerischen Führungsstil seines Chefs gestört. Das Verbrechen hatte wegen seiner Brutalität in der internationalen Kulturszene grosses Entsetzen ausgelöst.
Die Staatsanwaltschaft hatte für Dmitritschenko, der den Angriff in Auftrag gegeben haben soll, neun Jahre Gefängnis gefordert, für den mutmaßlichen Täter Juri Saruzki sogar zehn Jahre. Der Fahrer der beiden, Andrej Lipatow, soll nach Ansicht der Staatsanwaltschaft sechs Jahre hinter Gitter. Die Höchststrafe für die Anschuldigungen gegen Dmitritschenko und Saruzki wären zwölf Jahre Haft.
Der 42-jährige Filin erlitt beim Anschlag am 17. Januar schwerste Verätzungen im Gesicht und an den Augen. Auch nach mehr als 20 Operationen in der Augenklinik in Aachen leidet er an den Folgen des Attentats.
Glanzvolle Karriere zu Ende
Mit seiner Verurteilung geht für den Startänzer Pawel Dmitritschenko eine glanzvolle Karriere jäh zu Ende. Mehr als zehn Jahre tanzte er am legendären Bolschoi Theater.
Der am 3. Januar 1984 in Moskau in einer Künstlerfamilie geborene Dmitritschenko arbeitete sich zum führenden Solisten hinauf. Nachdem 2011 Sergej Filin als Ballettchef an das grösste Staatstheater Russlands kam, störte sich der Ausnahmetänzer mit knöchernem Gesicht und stechenden Augen aber an dem neuen Führungsstil. Für einen Säureanschlag auf Filin übernahm er die moralische Verantwortung.
Dmitritschenko warf seinem Chef vor, Rollen in Ballettaufführungen willkürlich und undurchsichtig zu besetzen. Kollegen bescheinigten dem Tänzer, sich stets für andere in der Truppe engagiert zu haben. Wohl auch wegen seines bisweilen aufbrausenden Temperaments tanzte er im Ballett «Iwan der Schreckliche» die Titelrolle.
Anders als der blutrünstige russische Zar aus dem 16. Jahrhundert sei Dmitritschenko aber ein mitfühlender und guter Mensch, betonten seine Kollegen. Seine Sprungkraft in der Titelrolle des Balletts «Spartak» löste einst grossen Jubel im Publikum aus.