Paukenschlag nach der Bremen-Wahl: Trotz herber Verluste könnte Rot-Grün eigentlich weiterregieren, ist nun aber in der Krise. Bürgermeister Böhrnsen wirft das Handtuch.
Als Konsequenz aus dem schwachen Abschneiden der Sozialdemokraten bei der Parlamentswahl in Bremen tritt Bürgermeister Jens Böhrnsen nicht mehr als Regierungschef des kleinsten deutschen Bundeslandes an.
«Als Spitzenkandidat der SPD übernehme ich selbstverständlich Verantwortung für das enttäuschende Wahlergebnis für meine Partei am 10. Mai 2015», teilte er in einer Erklärung am Montag mit. Er wolle den Weg für eine personelle und inhaltliche Neuaufstellung seiner Partei frei machen.
Zukunft der Koalition offen
Böhrnsen regiert im Stadtstaat seit Herbst 2005 und ist damit dienstältester Ministerpräsident in Deutschland. Die SPD verlor nach einer amtlichen Hochrechnung bei der Wahl am Sonntag fast sechs Prozentpunkte und erzielte in ihrer eigentlichen Hochburg mit 32,9 Prozent das schlechteste Ergebnis der Nachkriegszeit. Auch ihr grüner Koalitionspartner verlor kräftig. Rot-Grün könnte dennoch mit knapper Mehrheit weiterregieren.
Die Landesvorsitzenden beider Parteien liessen am Tag nach der Bürgerschaftswahl die Zukunft ihrer Koalition offen. Dieter Reinken (SPD) und Ralph Saxe (Grüne) sagten, sie wollten zunächst das endgültige Ergebnis abwarten und die Situation dann bewerten. Wegen des komplizierten Wahlrechts in Bremen liegt das Endergebnis der Wahl vom Sonntag noch nicht vor.
Merkels Reaktion
Bundeskanzlerin Angela Merkel gab SPD und Grünen in Bremen die Hauptschuld an der historisch niedrigen Wahlbeteiligung von nur rund 50 Prozent. Es sehe ganz danach aus, als seien sehr viele Wähler beider Parteien aus Enttäuschung zu Hause geblieben, sagte die CDU-Chefin am Montag in Berlin. Das Plus der CDU und der Wiedereinzug der FDP zeigten, «dass das bürgerliche Lager gestärkt aus dieser Landtagswahl hervorgeht».
Die CDU hatte von den massiven Verlusten von SPD und Grünen in Bremen nur geringfügig profitieren können, ist aber wieder zweitstärkste Partei. Spitzenkandidatin Elisabeth Motschmann erneuerte am Montag ihr Angebot einer Koalition mit der SPD.
Herbe Verluste
Laut amtlicher Hochrechnung erzielte die SPD 32,9 Prozent der Stimmen (-5,7 Prozentpunkte). Die Grünen bekommen 15,3 Prozent (-7,2), die CDU 22,6 Prozent (+2,2) und die Linke 9,2 Prozent (+3,6). Die FDP erreicht demnach 6,5 Prozent (+4,1) und die eurokritische AfD 5,5 Prozent.
Daraus ergibt sich eine Sitzverteilung von 30 Sitzen für die SPD, 14 für die Grünen, 20 für die CDU, 8 für die Linke, 6 für die FDP, 4 für die AfD und 1 Sitz für die «Bürger in Wut». Das vorläufige Endergebnis wird erst für Mittwoch erwartet.