Britische Minderheitsregierung noch nicht in trockenen Tüchern

Die Bildung einer von den nordirischen Unionisten geduldeten Minderheitsregierung in Grossbritannien ist noch nicht in trockenen Tüchern. Die rechte Democratic Unionist Party (DUP) erklärte am Sonntag lediglich, die Gespräche seien «bislang positiv» verlaufen.

Protest gegen den geplanten Schritt der Tories, in Grossbritannien mit der nordirischen Unionistenpartei DUP gemeinsame Sache zu machen.

Die Bildung einer von den nordirischen Unionisten geduldeten Minderheitsregierung in Grossbritannien ist noch nicht in trockenen Tüchern. Die rechte Democratic Unionist Party (DUP) erklärte am Sonntag lediglich, die Gespräche seien «bislang positiv» verlaufen.

Nachdem ein Sprecher von Premierministerin Theresa May am Samstagabend bereits eine Einigung zwischen den Tories und der rechten Democratic Unionist Party (DUP) verkündet hatte, äusserte sich Downing Street am Sonntagmorgen zurückhaltend: «Wir hoffen, dass der Vertrag zustande kommt», erklärte ein Sprecher.

«Die Premierministerin hat am Abend mit der DUP gesprochen, um über den Abschluss einer Vereinbarung zu diskutieren, wenn das Parlament kommende Woche seine Arbeit wieder aufnimmt», hiess es dann in der Mitteilung eines Downing-Street-Sprechers. «Wir hoffen, dass diese Vereinbarung zustande kommt, denn er bietet die Stabilität und Sicherheit, die das Land auf dem Weg zum Brexit und darüber hinaus benötigt.»

Homophobe DUP

May hatte nach dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit im Unterhaus angekündigt, weiterregieren zu wollen. Den Tories fehlen mit 318 Abgeordneten acht Sitze zur absoluten Mehrheit. Die DUP, die mit zehn Abgeordneten ins Unterhaus einzieht, soll die künftige Regierung stützen – welche Zugeständnisse die Tories den Ultrakonservativen machen sollen, wurde nicht mitgeteilt.

Eine Zusammenarbeit mit der homophoben DUP ist auch unter Tories umstritten. Die lesbische Chefin der schottischen Konservativen, Ruth Davidson, äusserte als eine der ersten Kritik an einem Deal mit der DUP. Mehrere hundert Menschen, darunter viele Labour-Wähler, protestierten im Zentrum Londons gegen die «rassistische, sexistische, schwulenfeindliche DUP».

«Koalition der Irren»

Auch in den britischen Medien steht die Premierministerin massiv in der Kritik. «Sie ist erledigt», titelte die Boulevard-Zeitung «The Sun» am Samstag. «May blickt in den Abgrund» lautete die Schlagzeile der «Times», «Die Tories wenden sich gegen Theresa», schrieb die konservative «Daily Mail». «Koalition der Irren» titelte die Boulevard-Zeitung «Daily Mirror» mit Blick auf die nordirischen DUP. Dieser Tenor setzte sich am Sonntag fort: «Diskreditiert, gedemütigt, geschrumpft», schrieb der «Observer». «Theresa May hat Glaubwürdigkeit und Einfluss in ihrer Partei, im Land und in Europa verloren.»

Jeremy Corbyn, dessen oppositionelle Labour-Partei bei der Wahl am Donnerstag starke Zugewinne erzielt hatte, sagte dem «Sunday Mirror», es sei noch immer möglich, dass er Premierminister werde. Er kündigte an, im Parlament gegen das Programm der May-Regierung zu stimmen.

Am Brexit-Fahrplan festhalten

Das neu gewählte Unterhaus soll am Dienstag zusammentreten. Am 19. Juni sollen die Brexit-Verhandlungen beginnen. Unklar ist, ob der Termin eingehalten wird. Mays Büro erklärte am späten Samstagabend, die Premierministerin habe in einem Telefonat mit Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel bestätigt, dass Grossbritannien die Gespräche über den EU-Austritt «wie geplant in den nächsten Wochen» beginnen wolle. Merkel hatte zuvor in Mexiko gesagt, sie reche mit dem Beginn der Gespräche «in den kommenden Tagen».

Die unter Druck stehende May muss künftig ohne zwei ihrer wichtigsten Vertrauten arbeiten: Am Samstag traten ihre Stabschefs Nick Timothy und Fiona Hill zurück. Medienberichten zufolge hatten führende Mitglieder der Tories Mays Verbleib im Amt vom Rücktritt der beiden abhängig gemacht. Timothy war vorgeworfen worden, massgeblich hinter dem umstrittenen Vorhaben zu stehen, ältere Menschen für einen Grossteil ihrer Pflegekosten aufkommen zu lassen. May zog den Plan angesichts der verbreiteten Empörung mitten im Wahlkampf wieder zurück.

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