Neben dem US-Geheimdienst NSA spät auch der britische Geheimdienst GCHQ massiv Telefon- und Internetkommunikationen von Millionen Nutzern aus. Die britische Behörde habe sich einen geheimen Zugang zu Glasfaserkabeln verschafft und eine umfassende Datensammlung angelegt, berichtete der «Guardian» unter Berufung auf den Prism-Enthüller Edward Snowden.
Aus von Snowden bereitgestellten Dokumenten gehe hervor, dass die Government Communications Headquarters (GCHQ) seit 18 Monaten persönliche Daten sammeln, auswerten und mit der NSA austauschen. Der Deckname für die geheimen Späh-Aktivitäten laute Tempora, sagte Snowden in der Samstagsausgabe des «Guardian».
Die britischen GCHQ könnten die aus den Kabeln gesaugten Daten für 30 Tage auswerten. «Sie sind schlimmer als die USA», zitierte die Zeitung den früheren US-Geheimdienstmitarbeiter, der sich nach Hongkong abgesetzt hat. Von Verdächtigen könnten Telefonanrufe, E-Mails, Facebook-Einträge oder der Verlauf der Internetnutzung gezielt abgerufen werden, ausgespäht würden aber auch völlig unbescholtene Bürger.
Die Behörde wollte sich zu Geheimdienstangelegenheiten nicht äussern, betonte aber, dass sie die Gesetze gewissenhaft einhalte.
Der Computerexperte Snowden hatte dem «Guardian» und der «Washington Post» zuvor Informationen über das NSA-Programm Prism zugespielt, mit dem Nutzerdaten der grossen Internetkonzerne wie Google, Facebook und Microsoft ausgewertet werden. Er versteckt sich in Hongkong.
Offiziell beschuldigt
Snowden wurde in den USA offiziell der Spionage beschuldigt. Dies bestätigte ein US-Regierungsvertreter am Freitagabend der Nachrichtenagentur AFP. Die Zeitung «Washington Post» und der TV-Sender NBC hatten zuerst über das Vorgehen der Justizbehörden berichtet.
Das Vorbringen der Vorwürfe durch einen Bundesstaatsanwalt ist der erste Schritt zu einer Anklage gegen den Computerexperten. Diese muss zu einem späteren Zeitpunkt von einer sogenannten Grand Jury aus Laienrichtern erhoben werden.
Die US-Justiz bat laut «Washington Post» und NBC die Behörden in Hongkong, den Haftbefehl gegen Snowden zu vollstrecken. Der Prism-Enthüller war in die chinesische Sonderverwaltungszone geflüchtet, bevor die Enthüllungen über die Spähprogramme Anfang Juni weltweit für Schlagzeilen sorgten.