Als Ronald Reagan in Berlin den Satz rief: «Mister Gorbatschow, tear that wall down!» war die andere Mauer, die den amerikanischen Kontinent trennt, schon in Planung. Heute steht sie.
Es war ein Fall für die Geschichtsbücher: Als Ronald Reagan in Berlin den Satz rief: «Mister Gorbatschow, tear that wall down!», meinte er die Mauer, die das Europa der Privateigentümer vom Europa der Staatseigentümer trennte.
Mauern zum Schutze von Reichen haben Tradition. Der römische Kaiser Adrian nannte den damaligen – hunderte von Kilometer langen – Verteidigungswall gegen die Barbaren schlicht: «Limes». Er verlief entlang der Grenze zum Römischen Reich.
Der wiederholte Mauer-Fall
Bereits der Prolog des Dokumentar-Filmes «Broken Land» lässt seine narrative Kraft ahnen: Im Wüstensand knattert ein Sandfahrzeug. Überbleibsel im Sand öffnen den archäologischen Blick: Kinderschuhe, Konservendosen, Plastikflschen wirken wie die Überbleibsel einer Zivilsation. Das Fahrzeug mit Amerikanischer Flagge kreuzt das Bild wie ein Mondmobil. Ein eingesandetes Plastikspielzeug könnte auch ein chinesischer Tonsoldat sein: Wir sind an der Mauer.
Die Chinesische Mauer schützte einst ebenso ein machtvolles Reich, wie diese Mauer, die quer durch den Kontinent verläuft, um das südliche Amerika vom Norden zu trennen.
Auf ihrer Reise dieser Wand entlang haben die Schweizer Filmemacher Stephanie Barbey und Luc Peter die neuen Verteidigungslinien besucht. Sie sind entlang der Mauer auf Menschen gestossen, die erstaunlich selbstverständlich davon ausgehen, dass das ihr Land, das einst von Indianern bewohnt war, verteidigt werden muss.
Die logische Konsequenz des Überwachungsstaates: Die Armen bleiben draussen
Ein Ehepaar bringt Kameras am Eigenheim an. Sie wollen auch nachts sehen, wer ihr Revier betritt. Ein anderes Paar verteilt Wasserkanister in der Einöde. Sie wollen jenen Mauerflüchtlingen helfen, die in der Wüste über den Wall klettern. Andere entsichern schon einmal ihre Waffen. Die «Illegalen» sollen rasch zurückgebracht werden: Tot oder lebendig.
Immer wieder füllen Stephanie Barbey und Luc Peter ihre Bilder mit der Stahlpfeiler-Wand. Solche Wucht macht erst im Kino klar, dass die Angst um den Reichtum gross sein muss, der hier verteidigt werden soll: Über tausende von Kilometern erstreckt sich der Stahl-Wall gegen die Armen. Immer wieder verblüfft die Durchlässigkeit der Anlage. Von Hunderten von Flüchtlingen ist die Rede. In letzter Zeit kommen vor allem jugendliche Menschen – Armut auf der Suche nach Zukunft.
Der Film läuft ab Donnerstag 5.2. in den Kult-Kinos