Im «Iselin»-Quartier sind die Umgestaltungsabsichten ersichtlich. Die Frage bleibt: Ist es ein Auf- oder ein Umbruch?
Seit März 2012 erleben die Menschen entlang des Wasgen- und des Luzernerrings den Umbruch hautnah, wie er in der ganzen Stadt unübersehbar ist: Tiefe Gräben, hohe Erdwälle und Bauabschrankungen soweit das Auge reicht. Und vor kurzem wurden auch noch die Bäume entlang dieser Strecke umgehauen.
Sie werden zwar wieder ersetzt. Doch bis diese wieder eine Grösse erreicht haben, wie die entfernten sie hatten, dürften wohl viele der Bewohnerinnen und Bewohner nicht mehr erleben. Das vorgesehene Ende dieser Arbeiten im Dezember 2014 ist für die meisten Betroffenen noch in unerträglich weiter Ferne.
Schier amerikanische Dimension
Nun ist das erklärte Ziel dieser ganzen Bauerei ja eine durchaus wünschenswerte Aufwertung eines Strassenzuges, der durch seine bis vor Baubeginn schier amerikanisch anmutende Dimension – zwei Fahrspuren in beiden Fahrtrichtungen entlang einer dicht besiedelten Gegend – jeglicher vernünftigen Siedlungsstruktur zuwider lief, durchaus erstrebenswert. Jedoch müssen die Bewohner dies doch sehr hart erdulden.
Der tägliche Baulärm ist das Eine; die Staubemissionen in den trockenen und heissen Tagen der letzten Monate sind das andere. Was aber vielen Menschen in unmittelbarer Umgebung dieses Umkrempelns viel Geduld und Einfühlungsvermögen abverlangt, sind meterhohe Erdwälle und Bauschutthaufen unmittelbar vor den Hauseingängen.
Von der Haustüre auf die Fahrspur
Manch ein älterer Bewohner, eine weniger gut gehfähige Bewohnerin hatte und hat ihre liebe Mühe, wenn er oder sie das Haus betreten oder verlassen will. Da zeigen sich grosse Unsicherheiten, etwa wenn die schmalen Aluminium-Brücken über den Gräben begangen werden müssen. Die nächste Herausforderung ist die unmittelbare Nähe zur Fahrbahn, wenn dann «Baubrücke» und Schutthaufen passiert sind. Da steht man dann schon fast auf der Fahrspur, auf welcher schwere Lastwagen, die Busse der BVB und endlos erscheinende Kolonnen von Personenwagen an einem vorbei donnern.
Aber – je nach Entfernung – ist auch der Gang zur nächsten Bushaltestelle, der hier zirkulierenden BVB-Linie 36, der reinste Spiessrutenlauf. Baumaschinen, Werkzeug oder auch die mit der Arbeit betrauten Bauarbeiter müssen umkurvt werden.
Welche Strategie werden die Bewohner wählen?
Ebenso wenig Freude empfinden die Kleingewerbler an der gegenwärtigen Situation an dieser Achse. Dabei handelt es sich vor allem um kleine Läden und Restaurants. Eine dieser Beizen hat schon vor Monaten die Segel gestrichen, wobei in diesem besonderen Fall nicht ganz klar ist, ob es wirklich nur an der Bautätigkeit gelegen hat. Verlässliche Auskünfte zu diesem speziellen Fall sind nicht zu bekommen. Jedenfalls kämpfen vor allem kleine Läden mit der für sie sehr unerfreulichen Situation. Aber auch die Quartierbeizer sind nicht erbaut. Allen fehlt die Laufkundschaft.
Wir werden uns im Laufe der kommenden Monate und bis zum Abschluss dieses Aufwertungsprojekts immer wieder entlang dem «Äusseren Ring» bewegen, uns umschauen und umhören. Hier liegt Spannung. Denn solch tiefgreifende Umgestaltungsmassnahmen verursachen immer auch Bruchstellen; heissen diese nun Auf-, Um- oder Abbruch. Viele Menschen hier sind mit grossen Umwälzungen konfrontiert. Das Spannende wird sein, zu erfahren, welche Strategien diese Leute anwenden: Flucht? Aussitzen und abwarten? Oder Neuaufbau?