In der Flüchtlingskrise hat die EU-Kommission den Weg für eine Verlängerung der Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums geebnet. Sie legte am Mittwoch einen Vorschlag vor, der es einigen Staaten ermöglicht, ihre Kontrollen bis November aufrecht zu erhalten.
Dazu gehören Deutschland, Österreich, Schweden, Dänemark und Norwegen. Sie dürften demnach ihre wegen der Flüchtlingskrise eingeführten Grenzkontrollen über Mitte Mai hinaus «für einen Höchstzeitraum von sechs Monaten» verlängern. Die EU-Staaten müssen der Empfehlung der EU-Kommission noch zustimmen.
Frankreich, das ebenfalls seine Grenzen kontrolliert, begründet dies aber mit dem Ausnahmezustand nach den Pariser Terroranschlägen vom letzten November. Deshalb gelten hier andere Regeln.
Die sechs EU-Staaten hatten die Verlängerung der Grenzkontrollen Anfang der Woche in einem Schreiben gefordert. Sie verwiesen darauf, dass sich die Situation über Griechenland und entlang der Balkanroute zwar beruhigt habe, die Lage aber weiter «äusserst unbeständig» sei und Flüchtlinge auf andere Wege ausweichen könnten. Sie nannten dabei auch die «Route über das zentrale Mittelmeer» – also über Libyen und Italien.
Angst vor Terror
Darüber hinaus wurde in dem Schreiben an die Kommission auch auf die Terrorgefahr verwiesen. Die Anschläge von Paris und Brüssel hätten «vor Augen geführt, dass Terrorgruppen wahrscheinlich versuchen werden, Defizite bei Grenzkontrollen zu ihrem Vorteil zu nutzen». Die Befürchtung ist, dass etwa die Terrormiliz «Islamischer Staat» Attentäter als Flüchtlinge getarnt nach Europa einschleust.
Deutschland hatte Kontrollen wegen der Flüchtlingskrise am 13. September als erstes Schengen-Land eingeführt. Seitdem wurden sie mehrfach verlängert. Auf Basis der bisherigen Rechtsgrundlage wären sie für Berlin nur noch bis zum 13. Mai möglich.
Nach Artikel 29 des Schengener Grenzkodex könnten die Kontrollen aber nochmals um jeweils sechs Monate bis zu einem Maximalzeitraum von zwei Jahren ausgedehnt werden.
Schweiz plant zurzeit keine Grenzkontrollen
Die strittige Frage von Grenzkontrollen am Brenner soll laut EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos bilateral zwischen Österreich und Italien gelöst werden. Avramopoulos sagte, eine Rückkehr zum Schengen-System sei «nur eine Frage der Zeit. Bis Jahresende wird das Schengen-System wieder voll normalisiert sein».
Die EU-Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, dass der Schengenraum bis Dezember wieder «normal» funktionieren soll – also ohne Kontrollen an den Binnengrenzen. Deshalb hatte sie den Staaten nur gewährt, die bestehenden Kontrollen um sechs Monate zu verlängern. Zum Schengenraum gehören 22 EU-Staaten sowie Island, Norwegen, Liechtenstein und die Schweiz.
In der Schweiz ist die «Wiedereinführung von Grenzkontrollen» im Moment nicht vorgesehen, wie die eidgenössische Zollverwaltung auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda mitteilte. Das Grenzwachtkorps (GWK) verfolgte jedoch die Lage intensiv. Ergebe die Lagebeurteilung, dass Massnahmen erforderlich seien, reagiere man entsprechen. Dies sei sehr kurzfristig möglich.