EU-Chefunterhändler Michel Barnier und der britische Brexit-Minister David Davis haben sich bei ihrem ersten Treffen auf Schwerpunkte und einen Fahrplan für die Brexit-Verhandlungen geeinigt. Die nächsten Gespräche finden gemäss den Briten am 17. Juli statt.
Als erstes sollten die Rechte der durch den EU-Austritt betroffenen Bürger, die Finanzforderungen an Grossbritannien sowie andere «Trennungsfragen» verhandelt werden, sagte EU-Verhandlungsführer Barnier am Montag nach der ersten Gesprächsrunde in Brüssel.
Hierbei dürfte der EU-Chefunterhändler vor allem auch das Problem der inneririschen Grenze gemeint haben. So soll die äusserst sensible Irland-Frage von Barniers und Davis‘ Stellvertretern verhandelt werden. Erst wenn in diesen drei Fragen genügend Fortschritt erzielt wurde, will die EU über ein künftiges Abkommen mit London verhandeln.
Für Barnier ist oberstes Ziel, dass London «in geordneter Weise» aus der EU austritt und Unsicherheiten vermieden werden. Dabei sei «ein faires Abkommen möglich».
Davis gab sich zum Auftakt versöhnlich, seine Regierung strebe «eine neue, tiefe und besondere Partnerschaft» mit der EU an. Nach dem Treffen sprach er von einem «vielversprechenden Start», der aber nur «der Beginn einer Reise» sei.
Er wolle alles dafür tun, dass eine Vereinbarung getroffen werde, «die im besten Interesse aller Bürger ist». Daher sollten die Verhandlungen in einer positiven und konstruktiven Tonlage beginnen, sagte Davis weiter.
Kein Verbleib im Binnenmarkt
Aber gleichzeitig bekräftigte der Brexit-Minister, dass Grossbritannien den EU-Binnenmarkt und die Zollunion definitiv verlassen wolle.
«Die Position hat sich nicht verändert», sagte er, nachdem die regierenden Tories Anfang des Monats bei den von May angesetzten vorgezogenen Unterhauswahlen ihre Mehrheit im Parlament verloren hatten. Denn ein Verbleib im Binnenmarkt bedeute, dass das Vereinigte Königreich auch die Freizügigkeit in der EU akzeptieren müsse.
Zudem kündigte der Brite an, dass Premierministerin Theresa May beim EU-Gipfel diese Woche ein Angebot zum künftigen Status der 3,2 Millionen EU-Bürger in Grossbritannien machen werde. Ein detailliertes Dokument werde dann am kommenden Montag von der britischen Regierung veröffentlicht.
Die EU verlangt hier ein Bleiberecht für alle Betroffenen, die bereits fünf Jahre im Königreich leben. Zudem will sie Garantien mit Blick auf die Stellung im britischen Sozial- und Rentensystem. Dieselben Garantien sollen dann auch für die 1,2 Millionen Briten in den verbleibenden EU-Ländern gelten.
Barnier: «Die Uhr tickt»
Barnier verwies darauf, dass angesichts der komplexen Gespräche bis zum britischen Austritt Ende März 2019 wenig Zeit bleibe. «Die Uhr tickt», sagte er.
Ziel sei es, jeden Monat während einer Woche Verhandlungen zu führen, sagte der Franzose zum Ablauf der Gespräche. In der Zeit bis zum jeweils nächsten Treffen sollen in Arbeitsgruppen Positionspapiere erarbeitet werden. Differenzen werden Barnier und Davis persönlich behandeln.
Gemäss einer Erklärung der britischen Regierung sind die Daten bis Oktober bereits festgelegt: nach dem 17. Juli der 28. August und dann der 18. September und der 9. Oktober.
Monnet und Churchill
Barnier beendete seine Ausführungen mit den Worten des Franzosen Jean Monnet, einem der Gründerväter der heutigen EU: «Ich bin nicht Pessimist, nicht Optimist, sondern entschlossen.»
Davis zitierte seinerseits den ehemaligen britischen Premierminister Winston Churchill: «Der Pessimist sieht bei jeder Gelegenheit Schwierigkeiten, der Optimist sieht Chancen bei jeder Gelegenheit.» Dabei liess sich der Brexit-Minister den Steilpass nicht entgehen und schlug die Brücke zwischen Monnet und Churchill: «Ich bin sicherlich ein entschlossener Optimist», sagte er.
Am 23. Juni 2016 hatte sich die britische Bevölkerung mit knapper Mehrheit dafür ausgesprochen, die EU nach mehr als 40 Jahren Mitgliedschaft zu verlassen.
Die EU-Seite befürchtet, dass die Verhandlungen nach der verlorenen Wahl Mays durch die jetzt unklaren Machtverhältnisse in London erschwert werden.