Die EU-Kommission hat am Mittwoch ein Strategiepapier vorstellt, das Europas Digitalwirtschaft in Schwung bringen soll: Konsumenten und Firmen sollen in Zukunft das Internet in Europa barrierefreier nutzen können.
«Die Strategie ist aber erst der Anfang, nicht das Ziel», sagte der dafür zuständige Vizepräsident der EU-Kommission Andrus Ansip in Brüssel.
Der Gedanke dahinter: Wenn die digitale Wirtschaft reibungslos über Grenzen hinweg funktioniert, kann sie besser wachsen und der internationalen Konkurrenz standhalten. Denn aktuell sind laut EU-Kommission nur gerade sieben Prozent der KMU in der EU im internationalen Online-Handel tätig.
EU-Kommissar für Digitalwirtschaft Günther Oettinger sprach gar von einer Aufholjagd: «Die USA haben eine Strategie in einem Markt, Südkorea, Indien, China, Japan sind parallel unterwegs.»
Ein Digital-Binnenmarkt könnte laut EU-Kommission «mit 415 Milliarden Euro jährlich zu unserer Wirtschaftsleistung beitragen und hunderttausende neue Arbeitsplätze schaffen».
16 Initiativen der Kommission
Aber auch die Konsumenten sollen profitieren. «Ich will, dass die Menschen innerhalb des digitalen Binnenmarktes in der Lage sind, wie im Heimatland einzukaufen und die Unternehmen wie im Heimatland zu handeln», sagte Ansip. Denn laut der Brüsseler Behörde haben lediglich 15 Prozent der Konsumenten schon einmal online im EU-Ausland eingekauft.
Die EU-Kommission sieht daher 16 Initiativen vor, um den digitalen Binnenmarkt zu verwirklichen. So will sie ungerechtfertigtes Geoblocking unterbinden. Dieses führt dazu, dass aktuell Filme oder Musik, vielfach nur in dem Land zugänglich sind, in dem sie gekauft wurden. Geplant ist ausserdem, das Urheberrecht zu modernisieren.
Wer Cloud-Dienste nutzt, speichert Daten online statt auf der eigenen Festplatte, oder er greift auf internetbasierte Anwendungen zu. Die EU-Kommission will sicherstellen, dass Nutzer auch hier Herr über ihre Daten bleiben und diese auch zu anderen Anbietern mitnehmen können.
Bis 2016 umgesetzt
Auch sollen Online-Plattformen – etwa Suchmaschinen, soziale Netze oder App-Stores – auf Transparenz bei den Suchergebnissen, ihre Preispolitik sowie die Nutzung gesammelter Daten geprüft werden.
Ein Hindernis beim Online-Einkauf sind auch die Versandkosten. So etwa kostet ein Zwei-Kilopaket von Belgien nach Österreich zu schicken 32,40 Euro – in umgekehrter Richtung 14,40 Euro. Daher fordert die EU-Kommission beim grenzüberschreitenden Paketlieferungen niedrigere Preise und eine übersichtlichere Kostenstruktur.
Die Pläne Brüssels sollen «bis Ende des kommenden Jahres umgesetzt werden». Allerdings handelt es sich um Vorschläge, die teils noch vage sind. Sie müssten in konkrete Gesetzesvorhaben gefasst werden. Anschliessend braucht es noch die Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten und des EU-Parlaments.
Untersuchung gegen Online-Händler
Mit Blick auf die digitale Strategie leitete die EU-Kommission ausserdem eine kartellrechtliche Untersuchung des grenzüberschreitenden Online-Handels bei Konzernen wie etwa dem US-Anbieter Amazon ein.
«Die europäischen Verbraucher stossen beim grenzüberschreitenden Online-Kauf von Waren und Dienstleistungen auf zu viele Hindernisse», lässt sich EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch in einem Communiqué zitieren.
Einige dieser Hindernisse würden von den Unternehmen selbst geschaffen. Damit könnten sie den EU-Binnenmarkt entlang nationaler Grenzen fragmentieren und den Wettbewerb verhindern, heisst es weiter. Schwerpunkt der Untersuchung sind Elektronik, Bekleidung und Schuhe sowie digitale Inhalte, die am häufigsten online gehandelt werden.