BS-Wahlgesetz erneut revidiert: Grosser Rat streicht Quorum

Die Vier-Prozent-Hürde für die Wahl ins baselstädtische Parlament wird per Mitte 2017 abgeschafft: Der Grosse Rat hat am Mittwoch beschlossen, das Wahlgesetz nach 2011 erneut zu revidieren und dabei auf jegliches Quorum zu verzichten. Anlass war eine überwiesene Motion.

Die Vier-Prozent-Hürde für die Wahl ins baselstädtische Parlament wird per Mitte 2017 abgeschafft: Der Grosse Rat hat am Mittwoch beschlossen, das Wahlgesetz nach 2011 erneut zu revidieren und dabei auf jegliches Quorum zu verzichten. Anlass war eine überwiesene Motion.

Im Stadtkanton werden heute Parteien zur Sitzverteilung zugelassen, wenn sie vier Prozent der Stimmen in einem Wahlkreis erreichen – das gilt für jeden Kreis einzeln. Dies hatte der Grosse Rat Mitte 2011 beschlossen, und zwar im Rahmen einer mehrteiligen Revision des Wahlgesetzes nach heftigem Gezerre um Kommissionssitze.

Bei den letzten Wahlen 2012 schrumpfte dann die EVP mit einem gesamtkantonalen Wähleranteil von 4,2 Prozent auf einen Sitz, während eine rechte Splittergruppe mit kantonsweit 1,2 Prozent zwei Sitze holte – dank ihrem Erfolg im Wahlkreis Kleinbasel. Ein Sozialdemokrat nannte dies am Mittwoch «grobe Wahlfälschung».

Regierung gegen Änderung

Vor diesem Hintergrund hat das Parlament 2015 eine Motion, die entweder ein kantonsweites Quorum oder 5 Prozent pro Wahlkreis forderte, als Auftrag an die Regierung überwiesen. Jene riet nun aber von einer so raschen erneuten Änderung ab; ihr Vorschlag zur Umsetzung war eine Kombination von einem 5-Prozent-Quorum pro Wahlkreis plus 3 Prozent kantonsweit.

In der vorberatenden Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission (JSSK) machte sich eine Mehrheit mit SP, Grünem Bündnis sowie GLP und EVP stark für die totale Abschaffung des Quorums. Dies gebe den Wählerwillen weit besser wieder. Proporzwahlen mit Wahlkreisen – in Basel-Stadt fünf – hätten ohnehin ein rechnerisches «natürliches Quorum».

Fixe Quoren hälfen schlicht den grossen Parteien, mahnte die GLP mit Verweis auf die Eigeninteressen in der Debatte um den Wählerwillen. Die einzige EVP-Vertreterin, selber auch nicht ganz unbefangen, sprach von einem «Befreiungsschlag».

Rechte gegen Änderung

Eine JSSK-Minderheit sieht gar keinen Handlungsbedarf, da die Effekte der letzten Änderungen absehbar gewesen seien. Die Stärkung von Quartiergruppen sei ja erwünscht gewesen, und ohne Quorum drohe Zersplitterung wie etwa in Zürich zu beobachten. In einer Demokratie müsse das Wahlgesetz beständig sein, war der Tenor von FDP, LDP und SVP.

Die SP konterte, FDP und SVP wollten mit einem fixen Quorum bloss eigene Sitze sichern, die mit einem nur natürlichen Quorum verloren gehen könnten. Sie räumte aber ein, dass die auslösende Motion durchaus den Schutz respektive das Ausbremsen einzelner Parteien im Auge habe, was nicht ganz lupenrein sei.

Die CVP brachte als Kompromiss den von der JSSK abgelehnten Regierungsvorschlag nochmals aufs Tapet. Die SP lehnte diesen aber als zu wenig Veränderung gegenüber dem Status Quo ab.

Linke setzt sich mit der Mitte durch

So kam es zu einer komplexen Abstimmungs-Kaskade, zu deren Beginn der bürgerliche Antrag auf Nichteintreten mit 53 gegen 41 Stimmen bei einer Enthaltung scheiterte. Der CVP-Kompromiss – retuschiert mit einer Formulierung zum Bettinger Einerwahlkreis-Sonderfall – unterlag dann klar gegen die JSSK-Minderheit mit dem Status Quo.

Die zentrale Abstimmung ums Quorum gewann darauf jedoch die JSSK-Mehrheitsfassung mit 52 gegen 41 Stimmen für die Minderheitsfassung – das bedeutete das Ende für das Quorum. In der Schlussabstimmung wurde das Wahlgesetz mit 56 gegen 34 Stimmen revidiert.

Eine von der SVP beantragte zweite Lesung wurde klar abgelehnt. Gegen den Grossratsbeschluss kann das Referendum ergriffen werden.

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