Wegen einer Affäre um mutmasslichen Steuerbetrug ist Frankreichs Budgetminister Jérôme Cahuzac zurückgetreten. Zuvor hatte die Pariser Staatsanwaltschaft wegen eines angeblich jahrelang heimlich in der Schweiz geführten Bankkontos ein Ermittlungsverfahren gegen Cahuzac eingeleitet.
Staatschef François Hollande nahm am Dienstag das Rücktrittsgesuch des Ministers an, wie der Elysée-Palast am Abend in Paris erklärte. Hollande würdigte Cahuzacs Arbeit als Budgetminister: Er habe das Amt mit «Talent und Kompetenz» ausgeübt, hiess es in einer Erklärung.
Cahuzac galt in der Regierung Hollande als einer der Leistungsträger, der massgeblich für Milliardeneinsparungen im Staatshaushalt verantwortlich zeichnete, mit denen das französische Defizit gesenkt werden sollte.
Der bisherige Europaminister Bernard Cazeneuve wird Cahuzac in seinem Amt nachfolgen. Cazeneuve war bislang auch für die deutsch-französischen Beziehungen zuständig.
Hollande begrüsste Cahuzacs Rücktrittsentscheidung. Damit könne dieser «seine Ehre» besser verteidigen. Das französische Enthüllungsportal Mediapart hatte im Dezember erstmals berichtet, Cahuzac habe jahrelang ein heimliches Konto bei der Schweizer Grossbank UBS besessen. Dieses soll er demnach 2010 geschlossen und das Geld nach Singapur transferiert haben.
Anfang Januar nahm die Pariser Staatsanwaltschaft Vorermittlungen auf. Am Dienstag gab die Behörde nun bekannt, ein formelles Ermittlungsverfahren gegen den 60-Jährigen eingeleitet zu haben.
Cahuzac beteuert Unschuld
Cahuzac hatte die Vorwürfe stets vehement zurückgewiesen und gegen Mediapart Verleumdungsklage eingereicht. In einer Stellungnahme beteuerte er am Dienstagabend erneut seine «Unschuld». Die Vorwürfe gegen ihn seien «verleumderisch». Er sei «aus Respekt vor der Funktionsfähigkeit» der Regierung und der Justiz zurückgetreten.
Mediapart beruft sich bei den Anschuldigungen auf «zahlreiche Zeugenaussagen», «schlüssige Unterlagen», vor allem aber auf eine Tonaufnahme aus dem Jahr 2000, in der eine Cahuzac zugeschriebene Stimme den Besitz eines UBS-Kontos einräumt.
Die Staatsanwaltschaft liess die Authentizität der Aufnahme untersuchen und erklärte am Dienstag, die Stimme sei wahrscheinlich tatsächlich die Stimme des Ministers. Sie verwies dabei auf ein technisches Gutachten der Polizei.
Kein Rechtshilfegesuch an Bern
Dass nun ein formelles Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde begründete die Staatsanwaltschaft damit, dass die Zusammenarbeit mit den Behörden in der Schweiz und in Singapur verstärkt werden müsse.
Beim Bundesamt für Justiz in Bern ist bisher in dem Fall kein Rechtshilfegesuch aus Paris eingetroffen, wie am Dienstag dessen Sprecher Folco Galli auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte. Er verwies gleichzeitig darauf, dass ein Rechtshilfegesuch auch direkt an eine kantonale Behörde gerichtet werden könne.