Tessiner und Bündner Politiker kämpfen selten öffentlich für gemeinsame Interessen. Dass die Kantone einiges verbindet, zeigen die SP-Nationalrätinnen Marina Carobbio und Silva Semadeni. Unter anderem kämpfen sie gegen die Schliessung von Poststellen.
Ein schattiges Grotto und Tessiner Liedgut: In diesem Ambiente liessen die beiden einzigen italienischsprachigen SP-Frauen im Nationalrat am Donnerstag die vergangene Legislaturperiode Revue passieren.
In Lumino TI, an der Grenze zwischen dem Tessin und Graubünden, stand dann auch die «Italianità» im Vordergrund, für die sich die beiden Politikerinnen in Bern einsetzen.
Ein besonderes Anliegen sei die Präsenz des Italienischen in der Bundesverwaltung, sagte Marina Carobbio. Ihre Kollegin Silva Semadeni ist erst die zweite Nationalrätin aus Italienisch-Bünden in der Geschichte der Eidgenossenschaft.
2014 wurde ihre Motion zur Förderung von zweisprachigen Schulen im Parlament angenommen: «Wir wollen, dass auch nördlich des Gotthards Italienisch gelernt wird», sagte die Puschlaverin mit Wohnsitz in Chur auf Nachfrage. In Graubünden gebe es zweisprachige Schulen bereits seit dem Jahr 2000.
Tourismus kennt gleiche Krankheiten
Gemeinsame Interessen gebe es auch in der Wirtschaft: Die Hotels in Graubünden und dem Tessin hätten nicht die finanziellen Möglichkeiten, um sich zu modernisieren. Hier könnte der Staat unter gewissen Voraussetzungen unter die Arme greifen, sagte Carobbio.
Wichtig sei es ausserdem, kleine und mittelständische Unternehmen in den entlegenen Tälern Graubündens und des Tessins zu fördern, sagte Semadeni. Gerade der flächendeckende Ausbau des Breitbandinternets gehöre hier zu einer der Kernaufgaben für die nächsten Jahre. Beide Politikerinnen wollen ausserdem dafür kämpfen, dass in den Kantonen keine Postfilialen in kleinen Orten geschlossen werden – sie seien auch ein wichtiger Ort des sozialen Austauschs, sagte Carobbio.
Zu der am Donnerstag bekanntgewordenen Listenverbindung der Bündner SP mit den Grünliberalen sagte Semadeni: «Es ist eine Zweck-Ehe». Mit den Grünliberalen verbinden uns jedoch weit mehr Anliegen als mit den bürgerlichen Parteien, so die Historikerin.