Im Abstimmungskampf um die „Abzocker-Initiative“ setzt das von FDP, CVP, GLP und BDP getragene Nein-Komitee voll auf den Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe. Dieser wirkt aus Sicht der bürgerlichen Koalition besser und rascher gegen Lohnexzesse als die Initiative.
Ein Ja zur Volksinitiative „gegen die Abzockerei“ wäre als ein Eigentor für die Schweiz, sagte BDP-Präsident Martin Landolt (GL). Fragen zu überbordenden Löhnen seien zwar berechtigt, räumte er ein. Doch starre Bestimmungen würden lediglich die Aktionäre bevormunden und zu einer weltweit beispiellosen Regulierung führen.
Heute zeichne sich die Schweiz durch ein liberales Aktienrecht aus, hielt Karin Keller-Sutter (FDP/SG) fest. „Nach Annahme der Initiative wäre es damit vorbei.“ Der Gegenvorschlag, der zahlreiche Forderungen der Initiative erfüllt, überlasse dagegen den Aktionären die Wahl, Regeln zu erlassen, statt sie dazu zu zwingen.
Die Initiative schränke Unternehmen insgesamt ein, sagte Gerhard Pfister (CVP/ZG). Dagegen gehe der Gegenvorschlag dort weiter als die Initiative, wo es darum gehe, Lohnexzesse zu verhindern. Und dort wo die Initiative der Wirtschaft schade, gehe der Gegenvorschlag weniger weit.
Vergütungsreglement
Als vorteilhaft beim Gegenvorschlag sehen die Initiativgegner etwa das Vergütungsreglement, mit dem die Aktionäre im Voraus Leitplanken für die Entschädigungen setzen können. Dort gehe der Gegenvorschlag sogar weiter als die Initiative, hielten sie fest.
Schädlich bei der Initiative ist aus Sicht von Martin Bäumle (GLP/ZH) der Stimmzwang für Pensionskassen. Diese müssten an hunderten von Generalversammlungen zu zahlreichen Traktanden abstimmen. Dies sei nicht seriös. Bäumle kritisierte auch die strengen Strafbestimmungen – etwa Freiheitsstrafen – bei Zuwiderhandlungen. Beides lässt der Gegenvorschlag aus.
Weiteres wichtiges Argument für die Gegner ist die raschere Umsetzung von Regeln, die der Gegenvorschlag ermöglicht. Da zumindest Teile der Initiative in einem Gesetz umgesetzt werden müssten, drohten jahrelange Grabenkämpfe im Parlament, sagte Keller-Sutter. Sie erinnerte an die Ausschaffungsinitiative. Der Gegenvorschlag tritt dagegen automatisch bei einem Nein zur Initiative in Kraft.
Gegner aus SP und SVP
Obwohl sich die SP-Basis für die Initiative ausgesprochen hat und bei der SVP Sympathien dafür erkennbar sind, sind im Nein-Komitee auch einzelne Vertreter dieser Parteien mit von der Partie. SP-Ständerat Claude Janiak kritisierte vor allem, dass die Initiative zwar gegen hohe Löhne vorgehen wolle, diese aber mit keinem Wort erwähne.
SVP-Nationalrat und Gewerbeverbandspräsident Jean-François Rime (FR) sieht durch die Initiative auch die KMU als Verlierer. Diese profitierten als Zulieferer von den rund 300 betroffenen börsenkotierten Unternehmen in der Schweiz. Er befürchtet zudem, dass die strengen Regeln auch auf KMU ausgedehnt werden könnten.
Das Wort „Abzocker-Initiative“ versuchen die Gegner möglichst zu vermeiden. Sie bringen das Begehren stattdessen mit seinem Urheber in Verbindung: dem parteilosen Schaffhauser Ständerat Thomas Minder. Als Kampagnen-Slogan dient denn auch „Nein zur Minder-Initiative“.
Starkes Engagement von Economiesuisse
Unterstützung erhalten die Gegner vor allem aus der Wirtschaft. Landolt wollte zwar keine Zahlen zum Kampagnenbudget nennen. Zu Medienberichten, wonach der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse zwischen fünf und acht Millionen Franken zur Verfügung stellen könnte, sagte er jedoch, dass dies der Realität entsprechen dürfte.
Geführt wird die Nein-Kampagne erstmals von der BDP, da keine andere Partei die Führung übernehmen wollte. Die Volksinitiative kommt am 3. März zur Abstimmung – sechseinhalb Jahre nach ihrer Einreichung. Die Räte verbrachten eine lange Zeit damit, sich auf einen Gegenvorschlag zu einigen.
Für die Initiative ausgesprochen haben sich bisher die SP und die Grünen. Die SVP legt ihre Parole am 26. Januar an einer Delegiertenversammlung fest, bei der der Initiant Minder und SVP-Vizepräsident Christoph Blocher aufeinander treffen.