Bulgarien steuert auf Neuwahlen Ende April oder Mitte Mai zu. Bis dahin soll es im EU-Land, das in einer tiefen Krise steckt, eine Interimsregierung geben. Das kündigte Staatspräsident Rossen Plewneliew am Freitag nach Gesprächen mit Vertretern der Parlamentsparteien an.
„Die Menschen wollen einen Wandel, und ihre Stimme muss gehört werden“, sagte der Staatschef. Zu den Wahlen sollen internationale Beobachter eingeladen werden.
Die Interimsregierung aus Experten muss noch vom Präsidenten gebildet werden und soll nach Auflösung des Parlaments antreten. Plewneliew kündigte an, dass er mit Vertretern der im Internet organisierten Demonstranten zusammenarbeiten wolle. Ihre Proteste gegen hohe Strompreise und ausländische Monopole hatten zum Rücktritt der bürgerlichen Regierung von Ministerpräsident Boiko Borissow (GERB) geführt.
Mehr als drei Stunden berieten die Parteienvertreter mit dem Staatschef. Auf eine Koalition konnten sie sich nicht einigen, wie es anschliessend hiess. Plewneliew wolle nun drei Parteien beauftragen, eine neue Regierung zu formieren, wie es die Verfassung vorsieht.
Parteien verzichten auf Regierungsbildung
Als erste Partei soll Borissows GERB-Partei am Montag ein Regierungsmandat erhalten, das sie aber höchstwahrscheinlich zurückgibt. Auch die Sozialisten und die Türkenpartei DPS erklärten, sie wollten auf eine Regierungsbildung verzichten.
Bis zur vorzeitigen Auflösung des Parlaments voraussichtlich Ende kommender Woche sollen noch wichtige Gesetze verabschiedet werden. Dazu gehört ein Gesetz, das Korrekturen des Strompreises ermöglichen soll. Die Massenproteste waren gerade wegen der hohen Stromrechnungen im ganzen Land entflammt.
Die Proteste der Aktivisten gingen auch am Freitag in Sofia sowie in anderen Städten wie Plowdiw, Warna und Wraza weiter. Nun fordern die Demonstranten auch ein „neues politisches System“.
Angesichts der schweren Regierungskrise rief Ex-König Simeon II. alle politische Parteien zu „Verantwortung und Patriotismus“ auf. Sie sollten ihre Kräfte vereinigen, damit die Stabilität im Staat erhalten bleibe, erklärte Simeon II., der von 2001 bis 2005 auch Bulgariens Ministerpräsident gewesen war, auf seiner Webseite im Internet.