Bund diskutiert in Freiburg über die Zukunft des Familienrechts

Die geplante Reform des Familienrechts hat in den vergangenen Wochen heftige Reaktionen ausgelöst. Diskutiert wird über den künftigen juristischen Umgang mit Ehe und Partnerschaft oder die Stellung des Kindes. Am Dienstag lud die Justizministerin zu einer Tagung.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga spricht an der Tagung in Freiburg (Bild: sda)

Die geplante Reform des Familienrechts hat in den vergangenen Wochen heftige Reaktionen ausgelöst. Diskutiert wird über den künftigen juristischen Umgang mit Ehe und Partnerschaft oder die Stellung des Kindes. Am Dienstag lud die Justizministerin zu einer Tagung.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga skizzierte an der Universität Freiburg mit Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft die «Zukunft des Familienrechts». Es ging um Themen wie Eheschliessung, Scheidung, Güterrecht, Vaterschaft und Adoption. Mittelfristiges Ziel des Bundes ist es, das Ehe- beziehungsweise das Familienrecht dem gesellschaftlichen Wandel anzupassen.

Welchen Kurs der Bundesrat einschlagen wird, ist noch unklar. Sommaruga betonte an der Tagung in Freiburg, sie wolle ein liberales und modernes Familienrecht, das die realen Lebensverhältnisse und die Gesetze näher zusammenbringe, ohne die Ehe und die traditionelle Familie in Frage zu stellen.

Gesetz modernisieren

Sommaruga sagte, dass die Familie zu den Grundpfeilern unserer Gesellschaft gehöre, wie ihr Justizdepartement (EJPD) mitteilte. Das Familienrecht sei aber zum Teil über hundert Jahre alt und hinke deshalb in verschiedenen Punkten hinter den aktuellen Lebensverhältnissen her. Man müsse sich heute fragen, «wie wir die vielfältigen Familienformen in unser Recht integrieren können».

Heute sei die Mehrheit der Menschen in der Schweiz nicht oder nicht mehr verheiratet – also ledig, geschieden oder verwitwet. Viele dieser Menschen seien alleinerziehend, wohnten in Patchworkhaushalten oder lebten in neuen Formen von Partnerschaften ohne Eheschliessung, beispielsweise in einer eingetragenen Partnerschaft oder in einem Konkubinat.

Bericht bis Ende Jahr

Hinzu kommt laut Sommaruga, dass man sich in der Schweiz aufgrund des hohen Anteils der ausländischen Wohnbevölkerung und der wachsenden Mobilität von Schweizerinnen und Schweizern häufiger als früher mit rechtlichen Beziehungen auseinandersetzen muss, die im Ausland begründet worden sind. Diese Tatsache werfe rechtliche Fragen auf, für die das geltende Recht keine eindeutigen Antworten habe.

Vor rund dreissig Jahren wurde mit dem neuen Eherecht das Familienrecht grundlegend neu ausgestaltet. Seither konnten einige weitere Reformen erfolgreich über die Bühne gebracht werden, so beispielsweise das Namensrecht oder das Partnerschaftsgesetz. Ein erster Bericht zum Reformprojekt soll voraussichtlich bis Ende 2014 vorliegen.

Gutachten sorgt für Aufsehen

Wie die «NZZ am Sonntag» Anfang Mai berichtete, liegt auf dem Pult von Justizministerin Sommaruga auch ein Gutachten, das eine gründliche Neuordnung des Familienrechts skizziert. Demnach soll das Recht der Realität angepasst werden – es gibt immer mehr Ledige und immer weniger Verheiratete.

Das Gutachten stammt von Ingeborg Schwenzer, die ebenfalls an der Tagung in Freiburg teilnahm. Die Professorin für Privatrecht an der Universität Basel hat mit ihrem Bericht in ein gesellschaftliches Wespennest gestochen und damit vor allem in konservativen Kreisen Empörung ausgelöst.

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