Die Annahme der CVP-Initiative für steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen hätte Steuereinbussen von einer Milliarde Franken pro Jahr zur Folge. Bund und Kantone lehnen das Volksbegehren, über das am 8. März abgestimmt wird, daher entschieden ab.
Vor den Bundeshausmedien zeigte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf am Donnerstag zwar Verständnis für das Anliegen. «Kinder sind eine grosse Bereicherung, aber sie kosten auch», sagte sie. Die Initiative sei jedoch der falsche Weg, die Familien zu entlasten.
Zunächst würden die falschen Familien davon profitieren. Ein Zweiverdienerehepaar mit zwei Kindern, die fremdbetreut würden, zahle bis zu einem Einkommen von 126’000 Franken ohnehin keine Bundessteuer, sagte Widmer-Schlumpf. «Das sind nicht Leute in bescheidenen Verhältnissen.» Familien mit tiefem Einkommen hätten also nichts von der Steuerbefreiung, weil sie ohnehin wenig oder gar keine Steuern zahlten.
Entlastung wirkt bereits
Die Finanzministerin erinnerte auch daran, dass Familien mit Kindern bereits mit zahlreichen anderen Massnahmen entlastet würden. Mit verschiedenen Abzügen würden sie schon heute steuerlich begünstigt. Diese Massnahmen seien in den letzten Jahren stetig ausgebaut worden. Laut Widmer-Schlumpf summieren sie sich inzwischen auf rund 3,5 Milliarden Franken pro Jahr. Hinzu kommen Sozialtarife in der Kinderbetreuung, Prämienverbilligung oder der Erwerbsersatz während der Mutterschaft.
Und schliesslich wirkten die Kinder- und Ausbildungszulagen selber entlastend. Diese vermehrten aber das Einkommen und müssten daher als solches versteuert werden, sagte der Zuger Regierungsrat Peter Hegglin, Präsident der Finanzdirektorenkonferenz der Kantone (FDK). «Wenn nicht mehr alle Einkommensbestandteile besteuert werden, ist das ein Einbruch in die Steuersystematik.»
Das lehnt auch Widmer-Schlumpf ab. Sonst könnte man die Besteuerung anderer Einkommensbestandteile ebenfalls in Frage stellen, etwa der AHV, von Leistungen der Kranken- und Unfallversicherung oder der Arbeitslosenversicherung.
Bumerang für Familien
Was Bund und Kantonen aber am meisten Sorgen macht, sind die drohenden Steuerausfälle. Laut Widmer-Schlumpf müsste der Bund mit 200 Millionen Franken weniger Einnahmen bei der direkten Bundessteuer rechnen. Kantonen und Gemeinden drohen Einbussen von schätzungsweise 760 Millionen Franken.
Insgesamt müsste also rund 1 Milliarde Franken durch Steuererhöhungen anderswo hereingeholt oder aber durch Sparpakete eingespart werden. «Das würde die Familien auf einem anderen Weg wieder treffen», warnte Hegglin. Zudem käme die Steuerbefreiung für die Kantone zum falschen Zeitpunkt. Viele schrieben ohnehin rote Zahlen oder seien daran, Sparpakete zu schnüren.
«Die Initiative kostet viel, entlastet aber nur in einem Bereich, in dem es unserer Meinung nicht gerechtfertigt und nicht nötig ist», lautet daher das Fazit von Widmer-Schlumpf.
Umdenken bei SP und SVP
Die CVP hat die Initiative «Familien stärken! Steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen» im November 2012 eingereicht. Diese verlangt, dass Kinder- und Ausbildungszulagen steuerfrei sind. Damit kämen die Zulagen den Familien ohne Verluste zu Gute, was deren Kaufkraft stärke, argumentiert die CVP. Es könne nicht sein, dass die Arbeitgeber die Familien unterstützten, die Familien einen Teil dieser Unterstützung aber gleich wieder an den Staat abliefern müssten.
Das Parlament empfiehlt die CVP-Initiative zur Ablehnung. In den Räten war das Anliegen zwar auf Sympathie gestossen. Die übrigen Fraktionen hielten die Initiative aber für den falschen Weg, die Familien zu stärken. Ausschlaggebend für die Ablehnung waren die drohenden Steuerausfälle sowie die Tatsache, dass vor allem besser verdienende Familien von der Steuerbefreiung profitieren würden.
Bei der SVP hat inzwischen ein Umdenken stattgefunden. Die Mehrheit der Fraktion ist im Unterstützerkomitee vertreten. Ihre Abstimmungsparole wird die Partei an der Delegiertenversammlung vom 24. Januar in Locarno fassen. Im Lager der Gegner ist bisher vor allem die SP aktiv, die in den letzten Jahren beim Thema steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen ebenfalls eine Kehrtwende vollzogen hat.