Der Bund will mit einer neuen Strategie die Suchtbekämpfung verbessern. Statt einzelner nationaler Programme, etwa für Alkohol und Tabak, soll eine übergeordnete «Nationale Strategie Sucht» für alle Suchtformen gelten.
Der am Dienstag präsentierte Strategieentwurf umfasst auch neue Bereiche, die an Bedeutung gewonnen haben. Zu den neuen Herausforderungen gehören etwa Medikamentenabhängigkeit, Geldspielsucht und exzessive Internetnutzung, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in einer Mitteilung.
Ziel der neuen Suchtstrategie sei es, Abhängigkeiten vorzubeugen. Ist eine Person bereits süchtig, sollen wenn möglich gesundheitliche Schäden verringert, die erforderliche Hilfe und Behandlung bereitgestellt und negative Auswirkungen auf die Gesellschaft verhindert werden.
«Keine Revolution»
Vom umfassenden Ansatz erhofft man sich unter anderem eine bessere Koordination unter den beteiligten Akteuren. Zudem soll die Früherkennung gestärkt werden, und man will besser auf neue Herausforderungen – etwa Online-Geldspiele – reagieren können.
BAG-Projektleiterin Astrid Wüthrich erklärte: «Ob ein Jugendlicher täglich Cannabis konsumiert oder viel Zeit mit Internetspielen verbringt, die Auswirkungen auf sein Umfeld können ähnlich sein.» Deshalb sei es zum Beispiel sinnvoll, an den Schulen für die Suchtproblematik im Allgemeinen zu sensibilisieren und nicht nur für einzelne Bereiche wie Cannabis- oder Internetsucht.
Die neue Suchtstrategie sei «keine Revolution, sondern die Weiterentwicklung von Bewährtem», sagte Roy Salveter am Dienstag vor den Medien in Bern. Das aus der Drogenpolitik bekannte Vier-Säulen-Modell mit den Pfeilern Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression etwa soll in angepasster Form in die Strategie aufgenommen werden.
Mehr Internet-Süchtige
Suchterkrankungen verursachten nicht nur viel Leid bei den Betroffenen, schreibt das BAG, sondern belasteten auch die Gesellschaft. Mögliche Folgen wie Arbeitslosigkeit, Sozialhilfebezug oder Verschuldung seien gravierend. Auch die sozialen Kosten seien bedeutend. Übermässiger Alkoholkonsum verursache beispielsweise jedes Jahr Kosten von rund 4,2 Milliarden Franken für die Gesellschaft.
Wie viele Personen in der Schweiz unter einer Sucht leiden, wisse man nicht, sagte Astrid Wüthrich. Gemäss einer Aufstellung des BAG hat in den letzten fünf Jahren vor allem die problematische Internetnutzung und der Konsum von Amphetaminen (Speed) zugenommen. Abnehmend ist hingegen die Zahl der Heroin- und Ecstasysüchtigen.
Von Suchterkrankungen seien allerdings nur wenige betroffen. «Neun von zehn Menschen trinken Alkohol und haben kein Suchtrisiko, nicht jeder Lottospieler leidet unter einer Spielsucht», sagte Wüthrich.
Keine zusätzlichen Kosten
Die «Nationale Strategie Sucht» ist Teil der Agenda Gesundheit2020, mit welcher der Bundesrat die Gesundheitsförderung und Krankheitsvorbeugung intensivieren will. Die Anhörung zum Strategieentwurf wurde am Freitag eröffnet und dauert bis zum 11. Juli 2015. Bis im Herbst soll die Strategie dem Bundesrat vorgelegt werden, auf das nächste Jahr wird dann ein konkreter Massnahmenplan erarbeitet
Zu zusätzlichen Kosten wird die neue Suchtstrategie nicht führen, wie BAG-Vertreter an der Pressekonferenz sagten. Beim Bundesamt selber wird Personal aus bisherigen Suchtprogrammen, etwa zu Alkohol und Tabak, dafür eingesetzt. Auch bei den Kantonen soll die Suchtstrategie nicht zu neuen Pflichten und Ausgaben führen. Die Strategie sei für die Kantone nur ein «Orientierungsrahmen».