Ab 2013 wird Frankreich seine in der Schweiz pauschalbesteuerten Bürger ebenfalls zur Kasse bitten – bis anhin zahlten sie nur in der Schweiz Steuern. Die Schweiz will die Situation nun rechtlich abklären. Das von Frankreich neu eingeführte Steuerregime könnte jedoch zum Bumerang werden.
„Der Bund wird nun analysieren, ob die Massnahmen Frankreichs rechtlich mit den Doppelbesteuerungsabkommen vereinbar sind“, sagte Mario Tuor, Leiter Kommunikation beim Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF).
Doch die Regelung mit Frankreich ist speziell, weicht von anderen Doppelbesteuerungsabkommen ab. Denn in der Schweiz wohnhafte Pauschalbesteuerte aus anderen Ländern profitieren nicht wie die Franzosen vom Doppelbesteuerungsabkommen. Das heisst, sie müssen ihre in ihren Heimatländern erzielten Einkommen versteuern. Diese Regelung will nun auch Frankreich einführen.
Laut SIF war die Schweiz auf technischer Ebene über die Absicht Frankreichs informiert, den Umgang mit Pauschalbesteuerten zu prüfen. „Wir bedauern, dass wir vom Beschluss per 1. Januar 2013 nicht offiziell informiert wurden“, hiess es in einer Stellungnahme des SIF weiter.
Am Wochenende wurde bekannt, dass in der Schweiz pauschalbesteuerte Franzosen künftig auf in Frankreich erzielten Einkünften Steuern bezahlen müssen. Die französische Regierung beruft sich dabei auf das geltende Doppelbesteuerungsabkommen.
Darin wird festgehalten, dass der Wohnort als Steuerort gilt. Es schränkt dieses Prinzip jedoch bei Pauschalbesteuerung ein. Trotzdem hatte Frankreich bis anhin die Pauschalbesteuerung ihrer Bürger mit Wohnsitz in der Schweiz „toleriert“.
Politiker kritisieren Frankreich
FDP-Präsident Philipp Müller bezeichnet Frankreichs Verhalten als „Affront“. Die Schweiz müsse endlich lernen, dass Aussenpolitik Interessenspolitik sei, sagte Müller zur Nachrichtenagentur sda. „Staaten haben keine Freunde, nur Interessen.“
Müller fordert nun vom Bundesrat ein geschlossenes und bestimmtes Auftreten gegenüber anderen Staaten: „Wir müssen endlich aufhören, immer gleich nachzugeben.“ Dies bedinge einen Schulterschluss zwischen den Parteien, aber auch zwischen Parlament und Bundesrat.
SVP-Vizepräsident Luzi Stamm sagte: „Wenn Frankreich die Steuerschraube für seine Bürger anzieht, dann tun mir die Franzosen zwar leid, aber dann ist das die Angelegenheit Frankreichs.“ Für die Schweiz sei hingegen wichtig, dass sie die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung anbieten.
Wenig Verständnis für die Forderungen Frankreichs hat CVP-Fraktionschef Urs Schwaller: „Das Land lenkt von den eigenen Problemen ab.“ Es solle vielmehr seine hohen Steuersätze überdenken. Auch die Vorgehensweise kritisiert Schwaller. „So geht man nicht mit einem Nachbarn um.“
Anders sehen das die Sozialdemokraten. Was Frankreich fordere, bestätige die Haltung der SP, sagte Fraktionschef Andy Tschümperlin.
Eventuell nachteilig für Frankreich
Gemäss einem Steuerspezialisten des Vereins Mehrwert – der sich für den Erhalt der Pauschalbesteuerung einsetzt – war die Regimeänderung Frankreichs zu erwarten.
Er sieht nun drei Möglichkeiten für pauschalbesteuerte Franzosen: Sie akzeptieren das Doppelbesteuerungsabkommen, sie kappen all ihre Beziehungen zu Frankreich oder sie unterstellen sich dem ordentlichen Steuerregime der Schweiz, bei dem sie immer noch tiefer besteuert werden als in Frankreich.
Entschliessen sich viele in der Schweiz wohnhaften Franzosen dazu, ihre Verbindungen zu ihrem Heimatland abzubrechen, geht der Experte davon aus, dass sich das Ganze zum Nachteil Frankreichs auswirken könnte.