Knapp einen Monat nach Aufnahme der Ermittlungen gegen den früheren Botschafter in Kenia, Jacques Pitteloud, will die Bundesanwaltschaft den Fall an einen ausserordentlichen Staatsanwalt abgeben. Der Antrag erfolgt, um «jeden Anschein von Befangenheit zu vermeiden».
Dies sagte Sprecherin Walburga Bur am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Die Bundesanwaltschaft habe bei der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) die Einsetzung eines ausserordentlichen Staatsanwalts des Bundes beantragt. Der Schritt erfolge nach eingehender Prüfung.
Korruptionsaffäre in Kenia
Ende September hatte die Bundesanwaltschaft vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) grünes Licht erhalten, die Vorwürfe gegen Pitteloud wegen versuchter Nötigung abzuklären. Eine solche Ermächtigung braucht es gemäss geltendem Recht, wenn ein Angestellter des Bundes einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, die sich auf seine amtliche Tätigkeit oder Stellung bezieht.
Hintergrund der allfällig strafrechtlich relevanten Aktivitäten des Ex-Botschafters und früheren Nachrichtenkoordinators des Bundes bildet die Korruptionsaffäre Anglo-Leasing in Kenia. 2006 waren im Zuge der Affäre mehrere kenianische Regierungsmitglieder wegen schwerer Korruptionsvorwürfe zurückgetreten.
Viel Geld im Spiel
Über Staatsaufträge für Scheinfirmen sollen umgerechnet mehr als 250 Millionen Franken aus der Staatskasse abgezweigt worden sei. Ein Teil des Geldes soll auch in die Schweiz geflossen sein, wo auch Gelder blockiert wurden. Es kam zu einem Rechtshilfeverfahren mit Kenia.
Zwei Kenianer, die im Rahmen der Korruptionsaffäre beschuldigt wurden, gehen davon aus, dass Pitteloud aufgrund des Rechtshilfeverfahrens detailliert über die an sie gerichteten Vorwürfe informiert war. Er soll sich auch im kenianischen Fernsehen über sie ausgelassen haben.
Aussage revidiert
Ursprünglich hatte die Bundesanwaltschaft entschieden, einer Klage der beiden Kenianer wegen versuchter Nötigung, Amtsmissbrauchs und Verletzung des Amtsgeheimnisses keine Folge zu geben. Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts entschied jedoch anders. Auf Beschwerde der beiden Kenianer hin forderte sie die Bundesanwaltschaft auf, den Vorwurf der versuchten Nötigung abzuklären.
Als Begründung wird im Beschwerdeentscheid etwa ein SMS-Verkehr vom Mai 2014 wiedergegeben, den der Ex-Botschafter mit den beiden Kenianern führte, nachdem er diesen einen «Vorschlag» zur gütlichen Regelung der Angelegenheit unterbreitet hatte. Er soll ihnen gegen die Bezahlung von 50 Millionen Franken zugesichert haben, für die Einstellung des Verfahrens wegen Geldwäscherei in der Schweiz besorgt zu sein.
Pitteloud selber stellte sich im Gegensatz zur Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts auf den Standpunkt, dass diese SMS nicht als Drohungen qualifiziert werden könnten. Zunächst gab er an, als Privatperson gehandelt zu haben. Später jedoch habe er präzisiert, dass er auf Weisung des Bundesanwalts hin tätig geworden sei.
Burkhalter stützt Pitteloud
Tatsächlich hat die Bundesanwaltschaft mündlich und schriftlich festgehalten, dass sie Pitteloud keinen Auftrag erteilt oder irgendwelche Instruktionen gegeben habe. Aussenminister Didier Burkhalter stellte sich demgegenüber überraschend hinter Pitteloud und sagte sogar, dieser habe «in Absprache mit der Bundesanwaltschaft» im Interesse der Schweiz agiert.
Pitteloud war nach seiner Tätigkeit als Nachrichtenkoordinator 2010 zum Botschafter der Schweiz für Kenia ernannt worden und nahm von Nairobi aus auch die Schweizer Interessen in Ruanda wahr. Er ist inzwischen zum Chef der Direktion für Ressourcen im EDA ernannt worden und für Personal, Finanzen und das Netz der Auslandvertretungen verantwortlich.