Bundespräsidentin verteidigt bilateralen Weg mit der EU

Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf und Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann haben am Donnerstag den bilateralen Weg mit der EU verteidigt. Dieser sei nicht am Ende, wie dies die EU behauptet. Die Parteien reagierten enttäuscht auf den EU-Bericht.

Eveline Widmer-Schlumpf verteidigt vor den Medienschaffenden den bilateralen Weg (Bild: sda)

Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf und Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann haben am Donnerstag den bilateralen Weg mit der EU verteidigt. Dieser sei nicht am Ende, wie dies die EU behauptet. Die Parteien reagierten enttäuscht auf den EU-Bericht.

Die Europäische Union habe anerkannt, dass dieser Weg weitergehe, sagte Widmer-Schlumpf an einer Medienkonferenz zu ihrem Präsidialjahr. Der Staatenverbund habe lediglich gewisse Vorbehalte angemeldet. In gewissen Bereichen wolle die EU durchaus weiter verhandeln, auch wenn es wohl nicht hundert weitere sektorielle Abkommen geben werde.

Die Frage, wie die Beziehungen zur EU auszugestalten seien, werde die Schweiz auch im kommenden Jahr beschäftigen, sagte Widmer-Schlumpf. Es handle sich aber um einen Prozess. Der Bundesrat werde auch 2014 nicht sagen können „das ist es jetzt“.

Recht auf Ventilklausel

Auch Schneider-Ammann dementierte das Ende der Bilateralen: „Ich bin überzeugt, dass es weiterhin möglich ist und auch sein muss, den bilateralen Weg weiterzugehen“, sagte er am Rande einer Veranstaltung in Bern.

Für die Kritik Brüssels an der Anrufung der Ventilklausel zeigte er Verständnis. Die Schweiz nehme die Vorwürfe ernst. Allerdings gefährdeten sie die bilateralen Verträge nicht. Ob die Schweiz die Klausel zur Beschränkung der Zuwanderung weiterhin anwenden werde, entscheide der Bundesrat zwischen März und Mai. Schneider-Ammann bekräftigte, dass die Schweiz das Recht habe, die Klausel anzuwenden.

EDA optimistisch

Für das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sind die Schlussfolgerungen der EU eine Basis, um neue Gespräche zu beginnen, wie EDA-Informationschef Jean-Marc Crevoisier auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte. „Wir sind froh, eine Antwort zu haben.“

EDA-Staatssekretär Yves Rossier werde in gut einem Monat in Brüssel erwartet, wo er seinen europäischen Amtskollegen David O’Sullivan „für weitere Diskussionen“ treffen werde.

Enttäuschte Parteien

Die Schweizer Parteien quittierten den EU-Bericht als enttäuschend. „Wichtig ist nun, dass wir nicht hyperventilieren“, erklärte FDP-Parteipräsident Philipp Müller auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Er gab zu bedenken, dass die Schweiz am Anfang schwieriger Verhandlungen sei.

Inhaltlich könne man über einen von der EU verlangten Rahmenvertrag diskutieren. Es komme immer auf die Ausgestaltung an. Ein internationales Schiedsgericht, das bei Streitfragen entscheidet, komme für die FDP aber ebenso wenig infrage wie die Aufhebung der Ventilklausel.

Die SVP erachtet den EU-Bericht als „wenig überraschend“ und „nicht akzeptabel“. Die Forderungen der EU kämen einer weitgehenden Einbindung der Schweiz in die EU sowie einem massiven Souveränitätsverlust gleich, hielt die Partei fest.

Als „reinen Problemkatalog“ bezeichnete SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr (SH) den Bericht. Inhaltlich habe sich die EU-Haltung zur Schweiz kaum verändert, dafür aber der Ton. Zumindest habe die EU die Türe für Diskussionen offen gelassen.

Der SP-Mann forderte wie die Grünen den Bundesrat zum Handeln auf. „Ich erwarte, dass der Bundesrat diese Fragen sehr offen mit den Parteien diskutiert, um neue Lösungen zu finden“, sagte Regula Rytz, Co-Präsidentin der Grünen.

Scharfe Kritik der EU

Für die EU ist der bilaterale Weg am Ende angelangt. Sie verlangt von der Schweiz eine „dynamische Übernahme“ des sich laufend entwickelnden EU-Rechts in die bilateralen Abkommen.

Die EU verschärft ihren Ton gegenüber der Schweiz. Sie betrachtet die bilateralen Verträge mit der Schweiz als zu starr und kritisiert auch die Umsetzung der Personenfreizügigkeit durch die Schweiz. Das steht in den neusten Schlussfolgerungen zum Verhältnis Schweiz – EU, welche der EU-Verkehrs-, Telekommunikations- und Energieministerrat am Donnerstag formell verabschiedet hat.

Ein solche periodische Neubewertung durch Brüssel erfolgt alle zwei Jahre. Der Bericht war bereits am 14. Dezember in den Medien publik geworden.

Schiedsgericht und keine Ventilklausel

Im Bericht beharrt die EU auf einem Internationalen Schiedsgericht, das bei Streitfragen entscheidet. Weiter besteht die EU auf einem Rahmenvertrag für alle bisherigen und künftigen bilateralen Abkommen.

Auch die Ventilklausel ist Brüssel ein Dorn im Auge. Diese sei ein Verstoss gegen die „Bestimmungen und den Geist“ des Abkommens und sei „dringend“ abzuschaffen.

Scharfe Kritik wird zudem erneut an den kantonalen Steuerprivilegien für Holdings geübt. Kritisiert wird schliesslich, dass die Schweiz im Atomstreit mit dem Iran nicht sämtliche Sanktionen der EU nachvollzogen hat.

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