Ein Teil der Dokumente über die Beziehung der Schweiz zum Apartheid-Regime in Südafrika bleibt unter Verschluss. Der Bundesrat will die Archive vorerst nicht öffnen, weil immer noch Klagen gegen Schweizer Unternehmen drohen.
Er hatte den Zugang zu mehreren hundert Dossiers 2003 eingeschränkt wegen einer Sammelklage in den USA gegen Firmen mit Geschäftsbeziehungen zu Südafrika. Unter den Beklagten waren damals auch Schweizer Unternehmen. Seit 2009 ist kein Schweizer Unternehmen mehr direkt von der Sammelklage betroffen.
Trotzdem will der Bundesrat die Archivsperre aufrecht erhalten, bis ein erstinstanzliches Urteil vorliegt. Solange das zuständige Gericht nicht endgültig entschieden habe, bestehe ein Risiko, dass die Schweizer Unternehmen wieder in den laufenden Gerichtsprozess aufgenommen würden, schreibt die Regierung in der Antwort auf eine Anfrage von Ständerat Paul Rechsteiner (SP/SG).
Der Bundesrat befürchtet, dass Schweizer Unternehmen bei einer Freigabe der Dokumente benachteiligt werden könnten: Während Kläger bei ausländischen Unternehmen Akteneinsicht auf gerichtlichem Weg einfordern müssten, würde in der Schweiz ein Gesuch ans Bundesarchiv ausreichen.
Banalitäten oder vertuschte Verbrechen
Für Rechsteiner handelt es sich dabei um eine nicht zu rechtfertigende Zensurmassnahme. «Was zum Teufel kann sich in diesen Akten verbergen? Was macht sie so brisant, dass sie auch 20 Jahre nach dem Ende der Apartheid nicht veröffentlicht werden können?», fragte er die zuständige Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf am Mittwoch.
Entweder würden mit der Archivsperre Verbrechen vertuscht. In dem Fall habe die Öffentlichkeit aber ein Recht, davon zu erfahren, erklärte Rechsteiner. Oder die Dokumente enthielten lediglich Banalitäten, dann sei die Sperre nichts anderes als eine Gängelung durch die Obrigkeit.
Weder noch sei der Fall, sagte Widmer-Schlumpf. Die Sperre jener Dokumente, in welchen einzelne Banken, Unternehmen oder deren Kunden genannt würden, diene vielmehr der Herstellung der Rechtsgleichheit, da die Schweiz gegenüber anderen Ländern eine liberale Einsichtspraxis habe.
Widmer-Schlumpf erinnerte daran, dass sich der Bundesrat schon 2010 mit der Frage befasst hatte, ob die Zugangsbeschränkung aufzuheben sei. Aufgrund eines Rechtsgutachtens hatte die Regierung damals entschieden, die Archivsperre zumindest bis zu einem erstinstanzlichen Urteil aufrecht zu erhalten. Sobald ein solches vorliege, soll die Massnahme neu beurteilt werden, versprach Widmer-Schlumpf.