Der Bundesrat setzt beim Studentenaustausch über die Landesgrenzen bis 2020 weiterhin auf eine Schweizer Lösung. Für die nächsten drei Jahre beantragt er dem Parlament 114,5 Millionen Franken. Das EU-Austauschprogramm ist aber nicht vom Tisch.
Die Verhandlungen über eine Assoziierung an das EU-Austauschprogramm Erasmus+ liegen auf Eis, seit das Stimmvolk am 9. Februar 2014 Ja sagte zur Masseneinwanderungsinitiative der SVP. Dank einer Übergangslösung können junge Leute aus der Schweiz aber dennoch Auslandssemester absolvieren und beim Austausch mitmachen.
Diese Übergangslösung ist bis Ende 2017 befristet. Die vom Bundesrat im März angekündigte und nun beantragte Lösung ist für die Jahre 2018 bis 2020 vorgesehen. Die Botschaft dazu verabschiedete der Bundesrat am Mittwoch, wie das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) am Donnerstag mitteilte.
Mehr Vor- als Nachteile
In den Augen des Bundesrates bringt die autonome Lösung zurzeit mehr Vor- als Nachteile. Zum einen kann die Förderung des Austauschs über die Landesgrenzen zusammen mit den Beteiligten gezielt vorgenommen werden. Für Menschen in Ausbildung und Ausbildungsstätten soll mit der eigenen Lösung Planungs- und Rechtssicherheit geschaffen werden.
Ein Nachteil ist laut Bundesrat indes, dass einzelne Partnerinstitutionen im Ausland ohne Erasmus+ den Zugang für Schweizerinnen und Schweizer einschränken oder Schweizer Studierende ganz ausschliessen. Auch bei strategischen Fragen könne die Schweiz kaum mitreden, schreibt er.
Die 114,5 Millionen Franken werden gemäss der Botschaft verteilt auf den Austausch (93,6 Millionen Franken), die nationale Agentur «Movetia» (11,1 Millionen Franken) sowie Begleitmassnahmen (9,6 Millionen Franken). Mit den 114,5 Millionen Franken wird die Schweiz etwas weniger ausgeben als die zunächst mit einer Assoziierung an Erasmus+ 2018 bis 2020 eingeplanten 122,6 Millionen Franken.
Für die angestrebte Assoziierung an Erasmus+ 2014 bis 2020 hatte das Parlament im Herbst 2013 insgesamt 305,5 Millionen Franken gesprochen. In den Verhandlungen forderte die EU-Kommission dann aber weit mehr Geld als die vom Parlament bewilligten Mittel. Im Februar 2014 wurden die Verhandlungen bekanntlich sistiert.
EU-Programm nicht vom Tisch
Die Frage der Assoziierung an das EU-Austauschprogramm ist für den Bundesrat mit dem Entscheid vom Mittwoch aber nicht vom Tisch. Er will einen Anschluss an das Nachfolgeprogramm zu Erasmus+ ab 2021 prüfen und die Gespräche mit der Europäischen Kommission fortsetzen.
Junge Menschen hätten allerdings lieber den Anschluss an Erasmus+: Mehrere Jugendorganisationen lancierten am Donnerstag eine Petition für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen und einen Anschluss an Erasmus+ ab 2018. Das nötige Geld müsse gesprochen werden, schrieb die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV).
Die Übergangslösung sei auf Einzelne und auf den Hochschulbereich fokussiert, kritisierte die SAJV. Die Berufsbildung und der ausserschulische Jugendbereich würden abgestraft. Die Unsicherheit, Projekte einzureichen und durchzuführen, sei gross. Die Petition soll in der Sommersession dem Parlament übergeben werden.
Petition für Erasmus+
Unter den Petitionären sind neben Jugendorganisationen die Juso, die Jungen Grünen, die Junge CVP, die Junge GLP und und der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS). Die Studierenden befürchten, ohne das Austauschprogramm der EU wissenschaftlich den Anschluss zu verlieren, wie der VSS vor kurzem schrieb.
Auch die SP will «einen dauerhaften Ausschluss von Erasmus+» nicht hinnehmen, wie sie schrieb. Die Übergangslösung sei im besten Fall eine Notlösung, die die Berufsbildung nur am Rande berücksichtige. Die SP will, dass sich die Schweiz ab 2021 wieder voll an die EU-Austauschprogramme assoziiere.
Erasmus+ ist bei Studierenden sehr beliebt. Rund 678’000 Menschen haben 2015 mit dem EU-Jugendaustauschprogramm Erasmus die Möglichkeit genutzt, im Ausland zu studieren, eine Aus- oder Weiterbildung zu machen oder Arbeitserfahrung zu sammeln.