Einen Terroristen ins Gefängnis zu stecken, bringt die Opfer nicht zurück. Es gilt, Anschläge zu verhindern, ohne aber den Rechtsstaat preiszugeben. Der Bundesrat versucht diesen Spagat mit einer Verschärfung des Strafrechts.
Das Problem besteht darin, jemanden vor einer Tat zur Rechenschaft zu ziehen, ohne im Gesinnungsstrafrecht zu landen. Der Bundesrat werde aber nicht in die Falle der Terroristen tappen, versprach Justizministerin Simonetta Sommaruga am Donnerstag vor den Bundeshausmedien. Niemand werde weggesperrt, nur weil er radikale Ansichten habe. «Aber wir greifen ein, wenn jemand zu einer konkreten Gefahr zu werden droht.»
Das ist schon heute möglich, gestützt auf das Verbot der Gruppierungen Al-Kaida und IS sowie verwandter Organisationen. Diese Rechtsgrundlage ist aber bis Ende 2018 befristet. Das Verbot von Reisen für terroristische Zwecke soll daher in einem neuen Artikel dauerhaft im Strafgesetzbuch aufgenommen werden. Diesen Vorschlag hat der Bundesrat am Donnerstag in die Vernehmlassung geschickt.
Unter Strafe gestellt werden das Anwerben, Ausbilden und Finanzieren sowie grenzüberschreitende Reisen mit dem Ziel, terroristische Straftaten zu begehen. Es genüge aber nicht, dass eine Reise in ein kritisches Land geplant sei, erklärte Martin Dumermuth, Direktor des Bundesamts für Justiz. «Es braucht eine gewisse Tatnähe. Man muss nachweisen können, dass eine bestimmte Absicht vorlag.»
Als Höchststrafe sind fünf Jahre Gefängnis vorgesehen, zudem droht die Landesverweisung. Keine neue Strafnorm ist hingegen für die Verherrlichung des Terrorismus geplant. Nach Ansicht des Bundesrats reichen die vorhandenen Rechtsgrundlagen aus.
Mafia-Strafnorm erweitert
Der Bundesrat will auch die blosse Zugehörigkeit und Unterstützung einer Terrororganisation unter Strafe stellen. Er schlägt dabei den gleichen Weg ein wie einst bei der Bekämpfung mafiöser Strukturen, indem er die Strafnorm gegen organisierte Kriminalität um einen weiteren sogenannten Vorfeld-Tatbestand erweitert.
Im gleichen Zug passt er auch gleich noch die Strafnorm gegen organisierte Kriminalität an. Gestrichen werden soll das Erfordernis der Geheimhaltung. Der Bundesrat kommt damit einer Forderung des Parlaments nach.
Während Mitglieder einer kriminellen Organisation mit höchstens fünf Jahren Gefängnis bestraft werden können, drohen Mitgliedern einer Terrororganisation bis zu zehn Jahre. Die Anführer müssen mit mindestens einem Jahr Gefängnis rechnen. Wenn der Täter aber mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeitet, um einer Terrorgruppierung das Handwerk zu legen, kann der Richter die Strafe mildern. Auch damit kommt der Bundesrat einer Forderung der Räte nach, die eine Art Kronzeugenregelung gefordert hatten.
Internationale Zusammenarbeit
Neben einer Verschärfung des Strafrechts will der Bundesrat die Zusammenarbeit mit anderen Ländern erleichtern. So sollen Informationen unter Umständen schon vor Abschluss des Rechtshilfeverfahrens übermittelt werden dürfen, womit den Betroffenen faktisch die Rechtsmittel entzogen werden.
Erlaubt wäre das beispielsweise, um einen Terroranschlag zu verhindern. Dumermuth stellte auch klar, dass die vorab übermittelten Informationen ausschliesslich dafür und nicht etwa in einem Verfahren verwendet werden dürften.
Schliesslich soll den Terrororganisationen der Geldhahn zugedreht werden. Dazu sollen die Kompetenzen der Geldwäscherei-Meldestelle ausgeweitet werden: Aufgrund von Hinweisen aus dem Ausland soll diese auch dann aktiv werden dürfen, wenn keine Verdachtsmeldung aus der Schweiz vorliegt. Aufgrund der geltenden Rechtslage können heute mehr als die Hälfte der Anfragen aus dem Ausland nicht beantwortet werden.
Mehr als Repression
Die Vernehmlassung zu diesen Vorschlägen dauert bis am 13. Oktober. Doch mit Repression allein lasse sich dem Dschihadismus nicht beikommen, hielt Sommaruga fest. Es brauche eine kluge Kombination von Ansätzen.
Einer davon sind die bereits angekündigten präventiven Massnahmen gegen sogenannte Gefährder. Der Bundesrat will dazu noch im Lauf dieses Jahres eine Gesetzesänderung zur Diskussion stellen. Nach Angaben von Sommaruga prüft der Bundesrat Meldepflichten, Ausreiseverbote und Reisedokumentensperren. Details wollte sie vor Abschluss der Vorbereitungen nicht preisgeben. Der Forderung nach einer Präventivhaft will der Bundesrat aber offenbar nicht nachgeben.
Als drittes Element der Terrorbekämpfung wird derzeit ein Nationaler Aktionsplan (NAP) zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus auf die Beine gestellt. Laut Sommaruga geht es darum, Radikalisierung zu verhindern und wo möglich zu einer Reintegration beizutragen. Der Auftrag für den Aktionsplan stammt von der politischen Plattform des Sicherheitsverbunds Schweiz (SVS), in dem die Kantone und der Bund vertreten sind.