Nach Ablauf des Gentech-Moratoriums Ende 2017 sollen gentechnisch veränderte und konventionelle Agrarkulturen nebeneinander Platz haben. Der Bundesrat hat am Mittwoch eine entsprechende Koexistenzregelung in die Vernehmlassung geschickt.
Dazu soll das Gentechnikgesetz (GTG) um einige neue Bestimmungen erweitert werden, die in der sogenannten Koexistenzverordnung näher ausgeführt sind. Darin enthalten sind Massnahmen, die beim Anbau gentechnisch veränderter Organismen (GVO) getroffen werden müssen, um den Schutz der herkömmlichen Kulturen zu gewährleisten.
So müssen nach Willen des Bundesrates Isolationsabstände zwischen GVO unter sich wie auch zu konventionellen Agrarkulturen und zu landwirtschaftlich nicht genutzten Flächen eingehalten werden. Bei Kartoffeln, Soja, Weizen und Zuckerrüben beträgt der geforderte Abstand 12 Meter, bei Mais sind es 100 Meter. Zu Hecken, Feld- und Ufergehölzen, Waldrändern oder Grünflächen reicht eine Distanz von 6 Metern.
Durchwuchs und Warenfluss kontrollieren
Zudem muss innerhalb dieser Korridore regelmässig der Durchwuchs kontrolliert und falls nötig beseitigt werden. Weiter schreibt der Bundesrat in der Verordnung, die Trennung der Warenflüsse müsse über die gesamte Produktionskette hinweg garantiert sein. Insbesondere seien dahingehende Vorkehrungen bei der Lagerung, Verarbeitung und dem Transport der Gentech-Produkte zu treffen.
Die Information der Behörden soll durch ein Anbauverzeichnis sichergestellt werden. Betrieben wird dieses GVO-Anbauer-Register durch das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Festgehalten werden darin eine Identifikationsnummer des Anbauers, Angaben zur Gemeinde sowie die genauen Koordinaten der Parzelle. Dritten zugänglich sind diese Daten nur Direktbetroffenen wie etwa Nachbarlandwirten.
Gentechfreie Gebiete als Option
Für Regionen, die sich explizit als Nicht-Gentech-Anbauer positionieren wollen, schlägt der Bundesrat die Aufnahme von GVO-freien Gebieten ins Gentechnikgesetz vor. Ein solches Gebiet muss eine zusammenhängende Nutzfläche von mindestens 400 Hektaren aufweisen. Auch ist es im Idealfall durch Elemente wie Flüsse oder Gemeindegrenzen von GVO-haltigen Gebieten abgetrennt.
Die Anregung zur Schaffung einer gentechfreien Zone kann sowohl von den Bauern selbst wie auch vom betreffenden Kanton kommen. Voraussetzung ist aber, dass mindestens 80 Prozent der Bewirtschafter in diesem Gebiet damit einverstanden sind. Eine kantonsübergreifende GVO-freie Zone ist nach dem Willen des Bundesrats ebenfalls möglich.
Sicherheit bei GVO-Regelung ausgeklammert
Alle diese Massnahmen zielen darauf hin ab, die Verwendung von gentechveränderten Kulturen in der Schweiz ab dem Jahr 2018 zuzulassen. Der Bundesrat stützt sich dabei auf die Experten des Nationalen Forschungsprogramms (NFP) 59, die ein langfristiges Anbauverbot nicht mehr für angemessen halten. Auch sehen sie in GVO keine signifikanten Risiken für Mensch und Umwelt.
Bei der vorgeschlagenen Koexistenzregelung werden die Auswirkungen von GVO für Mensch und Umwelt allerdings ausgeklammert, wie die Landesregierung selber zugibt. Beurteilt werde die Sicherheit in einem gesondert laufenden Bewilligungsverfahren. Die ausgearbeitete Regelung gelte in der Folge nur für GVO, die im Rahmen dieses Verfahrens als ausreichend sicher beurteilt worden sind.
Parlament soll Regelung ausarbeiten
Das NFP 59 habe auch gezeigt, dass in der gegenwärtigen Gesetzgebung die erforderliche Rechtssicherheit für die Zulassung von GVO nicht gegeben sei, so der Bundesrat. Er fordert das Parlament daher auf, die Verlängerung des Moratoriums bis Ende 2017 für die Ausarbeitung einer GVO-Regelung zu nutzen. Die Vernehmlassung dauert bis zum 15. Mai.
Besonders wichtig ist der Landesregierung beim Bestreben zum friedlichen Nebeneinander von GVO und Nicht-GVO offenbar die Wahlfreiheit der Konsumenten. Letzten Endes soll der Entscheid künftig bei ihnen liegen, ob sie ihren Nahrungsmittelbedarf mit Gentechprodukten oder doch lieber mit konventionellen Erzeugnissen decken wollen.