Der Bundesrat hat am Montag die Vernehmlassung zur Unternehmenssteuerreform III eröffnet. Das Projekt birgt Zündstoff: Die Reform belastet den Bundeshaushalt mit rund 2 Milliarden Franken jährlich. Finanzieren will sie der Bundesrat mit Sparmassnahmen und einer Kapitalgewinnsteuer.
Die Reform sei eine grosse Herausforderung, aber auch eine Chance, sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf vor den Medien in Bern. Die Schweiz erhalte ein Regelwerk, dass international akzeptiert sei, und bleibe dennoch steuerlich attraktiv für Unternehmen.
Heute lockt die Schweiz Unternehmen mit kantonalen Steuerprivilegien für Holdings und andere Spezialgesellschaften an. Diese können im Ausland erzielte Gewinne zu tieferen Sätzen versteuern als im Inland erzielte. International wird dies nicht mehr geduldet, die Schweiz muss die Sonderregeln abschaffen.
Forschung und Entwicklung privilegieren
Damit die betroffenen Unternehmen, die dem Bund jährlich gegen 4 Milliarden Franken Steuereinnahmen einbringen, nicht abwandern, will der Bundesrat neue Instrumente einführen. Im Vordergrund steht die sogenannte Lizenzbox, eine tiefere Besteuerung von Erträgen aus geistigem Eigentum wie Patenten.
Zwar steht auch dieses Instrument international in der Kritik. Widmer-Schlumpf zeigte sich aber zuversichtlich, dass es sich durchsetzen wird. Elf EU-Staaten hätten Lizenboxen, gab sie zu bedenken. Die Schweiz habe sich eng an das Modell von Grossbritannien gehalten.
Rechtssicherheit für Unternehmen
Die OECD will bis Ende 2015 neue Standards festlegen. Bis dahin könne die Schweiz nicht warten, sagte Widmer-Schlumpf. Die Unternehmen bräuchten Rechtssicherheit, insbesondere nach der Abstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative. Handle die Schweiz nicht, investierten die Unternehmen anderswo.
Neben den Lizenboxen sind weitere steuerliche Massnahmen geplant, namentlich eine zinsbereinigte Gewinnsteuer auf überdurchschnittlich hohem Eigenkapital. Die Emissionsabgabe auf Eigenkapital soll – wie schon länger geplant – abgeschafft werden. Ausserdem sind Anpassungen beim Beteiligungsabzug und bei der Verlustverrechnung sowie neue Regeln für die Aufdeckung stiller Reserven geplant.
Tiefere kantonale Steuersätze
Die Kantone werden ihrerseits die Unternehmensgewinnsteuern senken, um die Unternehmen zu halten. Der Bund geht davon aus, dass der Steuersatz durchschnittlich von 21,8 Prozent auf 16 Prozent sinkt. Wie stark die Kantone den Steuersatz senken, hängt davon ab, wie hoch der Satz heute ist und wie viele Holdings ansässig sind. Auch wenig betroffene Kantone könnten sich aber zu Steuersenkungen gezwungen sehen, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Weil die Reform vor allem bei den Kantonen zu Mindereinnahmen führt, sind Ausgleichsmassnahmen von Seiten des Bundes geplant. Zum einen soll der Kantonsanteil an der Bundessteuer von 17 auf 20,5 Prozent erhöht, zum anderen sollen Unternehmensgewinne beim Finanzausgleich anders gewichtet werden. In der Übergangsphase sollen die ressourcenschwächsten Kantone zudem einen Ergänzungsbeitrag erhalten.
Kapitalgewinnsteuer auf Wertschriften
Den Bundeshaushalt belasten die mit den steuerlichen Massnahmen verbundenen Mindereinnahmen und die Ausgleichszahlungen an die Kantone mit insgesamt 2 Milliarden Franken jährlich. 300 Millionen soll eine neue Steuer einbringen, die Kapitalgewinnsteuer auf Wertschriften. Die Beteiligungsinhaber von Unternehmen sollen die Reform zugunsten der Unternehmen also mitfinanzieren.
Widmer-Schlumpf sprach von der «Aufhebung einer Ausnahme». Ob diese die parlamentarische Beratung übersteht, ist aber ungewiss: Von bürgerlicher Seite wird die Kapitalgewinnsteuer bekämpft. Ohne diese Einnahmen würde die Unternehmenssteuerreform indes ein noch grösseres Loch in die Bundeskasse reissen.
Mehr Steuerinspektoren
Bleibt die Kapitalgewinnsteuer Teil der Reform, verbleibt immer noch ein Loch von 1,7 Milliarden Franken. 300 Millionen Franken verspricht sich der Bundesrat durch 60 bis 70 zusätzliche Steuerinspektoren. Heute sind rund 300 Inspektoren damit beschäftigt, Fehler und Unregelmässigkeiten zu finden.
Weitere Massnahmen sind auf der Einnahmenseite nicht geplant. Der Rest des Loches soll durch Massnahmen auf der Ausgabenseite gestopft werden, namentlich durch einen strukturellen Überschuss von rund einer Milliarde Franken. Dies sollte machbar sein, sagte Serge Gaillard, der Direktor der Eidgenössischen Steuerverwaltung, sofern das Parlament nicht neue Ausgaben beschliesse.
Nur mit Sparmassnahmen
Voraussetzung ist allerdings, dass das Parlament das geplante Sparprogramm doch noch gutheisst. Im ersten Anlauf war das Konsolidierungs- und Aufgabenüberprüfungspaket 2014 (KAP) gescheitert. Der Bundesrat bringt es nun aber erneut vors Parlament. Das KAP soll den Bundeshaushalt jährlich um 700 Millionen Franken entlasten.
Der grösste Betrag betrifft die AHV: Die Schulden der IV beim AHV-Fonds, die der Bund übernommen hat, sollen nur noch zu 1 statt zu 2 Prozent verzinst werden. Sparen will der Bundesrat aber auch bei der Entwicklungshilfe, der Bildung oder der indirekten Presseförderung. Ferner sollen die Armeeausgaben weniger stark wachsen.
Stimmt das Parlament dem KAP im zweiten Anlauf nicht zu, bleibt offen, wie die Unternehmenssteuerreform III finanziert werden soll. Auf den Bund kommen weitere Ausfälle zu, etwa durch die geplante Abschaffung der steuerlichen Heiratsstrafe. Insgesamt rechnet der Bundesrat wegen diverser Reformprojekte mittelfristig mit Mindereinnahmen von bis zu 5 Milliarden Franken. Die Vernehmlassung zur Unternehmenssteuerreform dauert bis zum 31. Januar 2015.